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victor

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Alle Personen sind bearbeitet

von victor am 03.11.2009 12:32


Bescheuertes Gefühl: Quelle-Mitarbeiter im Kaufhaus Frankfurt am Main. Foto: taz.de/dpa



Das Ende von Quelle
Alle Personen sind bearbeitet

"Irgendwer muss den Scheiß ja verkaufen": 2.000 Quelle-Mitarbeiter sind seit Montag ohne Arbeit. Die anderen müssen nun noch die Restposten verhökern. VON WOLF SCHMIDT


Die Lamellenvorhänge sind zugezogen, die Lüftung surrt, vorne am Tisch sitzen die Damen und Herren von der Arbeitsagentur. Sie machen einen zufriedenen Eindruck. Sie sind ein bisschen stolz. Und genau das wollen sie jetzt die Presse wissen lassen. Rainer Bomba, Chef der bayerischen Arbeitsagenturen, ergreift das Wort. "Wir haben 3.550 Personen bearbeiten können", sagt er. "Die Arbeitslosengeldzahlung ist gewährleistet."

Noch am selben Tag werden die 150 Arbeitsvermittler den dritten Stock des Quelle-Versandzentrums am Stadtrand von Nürnberg wieder räumen. Sie haben eine Woche in dem Klinkerbau gesessen und Arbeitslosenmeldungen entgegengenommen, eine Viertelstunde Zeit gab es für jeden Mitarbeiter, manchmal auch ein paar Minuten mehr. Jetzt zieht der Staat wieder ab. Die Quelle-Mitarbeiter sind bearbeitet. Das provisorische Arbeitsamt ist seit Freitagabend geschlossen.

Es klingt nach einem geordneten Ende. Doch so unwürdig wie Quelle ist wohl noch nie ein Unternehmen untergegangen. 1.900 Mitarbeiter haben erst am Freitag per Telefon erfahren, dass sie schon am Montag nicht mehr zur Arbeit zu kommen brauchen, eine von vielen Pannen, die sich der Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg in den vergangenen Wochen geleistet hat. Der Betriebsratschef nennt ihn nur den "IV". Es klingt wie eine tödliche Krankheit.

Rund 4.300 Mitarbeiter der Primondo-Gruppe dürfen noch ein paar Wochen weiterarbeiten, vielleicht bis Weihnachten, vielleicht auch noch ein paar Wochen länger. Aber "dürfen" ist wahrscheinlich das falsche Wort. Denn Freude werden die letzten Quelle-Mitarbeiter in Nürnberg und Fürth, in den Callcentern in Berlin, Cottbus und Magdeburg und im Zentrallager in Leipzig wenig haben. Sie müssen in kürzester Zeit die letzten 18 Millionen Produkte verramschen. Am Sonntag hat der größte Ausverkauf der deutschen Geschichte begonnen, mit Rabatten von bis zu 30 Prozent. Alles muss raus: von A wie Akkuschrauber bis Z wie Zitruspresse. Die Internetseite ist unter dem Ansturm gleich mehrfach zusammengebrochen.

Einer, der nun den Schlussverkauf mitorganisieren soll, ist Siegfried Gösswein, 42, seit 17 Jahren bei Quelle. Er trägt Jeans, Karohemd, gerade kommt er aus dem Personaleingang im Nürnberger Versandzentrum heraus. Dort drinnen steht ein Spruch der Firmenpatriarchin Grete Schickedanz an der Wand: "Der Pfennig ist die Seele der Milliarde." Nun sind die Milliarden futsch, und von so etwas wie einer Seele spricht bei Quelle schon lange keiner mehr.

Gösswein ist Bereichsleiter für Logistik, Produktionsplanung und Prozesssteuerung. Am Abend vorher hat ihn seine Frau gefragt, wann er denn nun arbeitslos wird. Da ist er zusammengezuckt, weil ihm klar wurde, dass es wohl wirklich bald so weit sein wird. Wann genau, weiß Gösswein aber immer noch nicht, das Feld mit dem Beginn der Arbeitslosigkeit haben die von der Agentur bei ihm noch frei gelassen.

Doch wie kann man weitermachen, wenn man täglich Mitarbeiter verabschiedet, mit denen man jahrelang zusammengearbeitet hat? Und man sich auf einmal um 100 Leute statt um 40 kümmern muss, weil eine Abteilungsleiterin auch schon gehen musste? Wenn man für sich selbst schauen muss, wie es weitergeht, weil die Arbeitsagentur Führungskräften nur den Tipp geben kann, doch mal ins Internet zu schauen oder auf einen Headhunter zu hoffen?

Gösswein sagt: "Wir hängen alle mit Herzblut an der Quelle." Er hat dabei Tränen in den Augen. Er sagt aber auch, dass er sich bescheuert fühlt, nun noch einige Wochen weiterschuften zu müssen, nur damit die Gläubiger so viel Geld wie möglich bekommen. "Masse machen", wie Gösswein sagt. Insolvenzmasse. Geld, auf das auch der Staat hofft. Der hatte dem Versandhaus vor einigen Monaten noch 50 Millionen Euro Kredit für den Herbstkatalog bewilligt, im Frühsommer hielt ihn der bayerische Ministerpräsident Seehofer stolz in die Kameras: "Tausend Wünsche - eine Quelle."

Wer ein anderes Bild für den würdelosen Niedergang eines stolzen Unternehmens sucht, muss ins Quelle-Kaufhaus gehen, das an der Fürther Straße in Nürnberg liegt. Dort läuft der Ausverkauf schon seit ein paar Tagen. Dort ist die Leiche schon ziemlich zerfleddert.

Im Erdgeschoss werden Toilettenmatten neben Espressotassen angeboten und lange Unterhosen neben Trenchcoats. Hinten gibt es Christbaumkugeln, ein paar Meter weiter Deko-Osterhasen. Auf dem Boden liegen Kartons und Plastikfolie, daneben eine Spielzeugpuppe, der ein Bein fehlt. Leere Regale und Vitrinen werden mit rot-weißem Baustellenband abgesperrt. Schilder mit der Aufschrift "Schnäppchen" und "Reduziert" baumeln von der Decke.

Ein Verkäufer mit blauem Hemd und Krawatte, um die 50, schraubt gerade ein Badeschränkchen zusammen. Kaum hat er es aufgestellt, schnappt es sich ein Kunde. Macht das noch Spaß? "Was für eine blöde Frage. Aber irgendwer muss den Scheiß ja verkaufen." Zwei Kunden an der Kasse streiten sich, wer zuerst dran war. "Schlimmer als bei Rudis Resterampe", sagt eine Frau. "Irre", eine andere. Der Pressesprecher von Quelle findet das alles einfach nur noch "widerlich".

So endet eine 82 Jahre lange Firmengeschichte.

Draußen vor dem Kaufhaus haben Kirchenleute einen Bauwagen aufgebaut. Davor steht ein Holzkreuz mit der Aufschrift "Quelle" und "Warum?". An der Seite des Wagens klebt ein Zeitungszitat des einstigen Wirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg von Juni: "Insolvenz ist nicht das Ende." Für Quelle war sie es dann doch.

Jürgen Engelhardt, 54, ein Mann mit Schnauzer und getönter Brille, stellt sich ans Mikrofon vor dem Bauwagen. Es ist bitterkalt. Atemwölkchenwetter. 21 Jahre lang war Engelhardt Marktforscher bei Quelle. Nun spricht er von der Wut auf die Manager, die Politiker, die Unternehmensberater, all diese Typen mit ihren ganzen PowerPoint-Charts. Wenn er es sagt, in tiefem Fränkisch, klingt es wie "Bauer-Boind-Schards". "Diese Woche war grausam", sagt Engelhardt. "Die Ängste fressen mich schier auf."

Dann sagt dieser Engelhardt aber auch noch etwas anderes. Er spricht von Erleichterung. Darüber, nach Monaten des Hin und Her jetzt wenigstens zu wissen, was Sache ist. Vielleicht ist das ein bisschen so, wie wenn man jahrelang vom Partner betrogen wird und es insgeheim schon weiß. Dann ist es zwar immer noch hässlich, wenn die Beziehung in die Brüche geht. Aber es herrscht wenigstens Klarheit.

Nun ist zwischen Quelle und Engelhardt endgültig Schluss. "Aus. Geschichte. Ende." Der offizielle Scheidungstermin: Der 31. Januar. Das ist das Datum auf seiner Kündigung. Zu Hause bleiben soll er aber schon ab dieser Woche, Freitag um 11 Uhr hat er es erfahren. Es ist eine ganz hässliche Trennung.

Nach Weihnachten wird Quelle voll abgewickelt werden. Im Februar wird dann die Arbeitslosenquote in Nürnberg und Fürth auf 12 Prozent ansteigen, wegen Quelle, aber auch wegen der ganzen Zulieferer. "Nürnberg wird die erste Stadt in Bayern sein, die zweistellig laufen wird", sagt Bomba von der Agentur für Arbeit. Seine Mitarbeiter werden dann in die nächste Bearbeitungsstufe übergehen. 5 Millionen Euro sind für die Qualifizierung von 3.500 ehemaligen Quelle-Beschäftigten in der Region vorgesehen.

Auch für die Mitarbeiter in den Callcentern in Berlin, Magdeburg und Cottbus wird es spätestens nach Weihnachten eng. Im Zentrallager in Leipzig fahren sie jetzt noch mal Sonderschichten. Grete Schickedanz hat es 1991 selbst eingeweiht. "Wenn die Ostdeutschen unsere Waren bestellen sollen, müssen sie auch Arbeit haben", soll sie gesagt haben. Wenn nun die letzten Waren aus dem Lager geräumt sind, ist auch die Arbeit fort.

Die Schockwellen der Quelle-Pleite ziehen sich durch das ganze Land.

450 Kilometer nördlich von Nürnberg in Malchow am östlichen Rand von Berlin. "Ick bin noch da", ruft Uwe Kobilke, 54, ins Telefon. An der Wand hängt eine Quelle-Urkunde mit fünf goldenen Sternen, für "ausgezeichnete Leistungen". Kobilke ist ein kompakter Mann mit Karohemd. Er war hier im Einkaufszentrum "RIZ" immer nur der "Quelle-Mann", 1996 hat er sich selbstständig gemacht. Wenn jemand bei ihm eine Waschmaschine kaufte, hat er sie auch um 23 Uhr noch in die Plattenbauten geliefert. 10 Prozent Provision hat er dafür von Quelle bekommen. Und von den Kunden ein paar Buletten und Gürkchen.

Davon konnte er nie reich werden, weshalb seine Lebensgefährtin Petra Staps in dem 30 Quadratmeter großen Shop eine kleine Schneiderei eingerichtet hat. Vorne in der Ecke stehen Bügelbrett und Nähmaschine.

Beim Quelle-Shop in Malchow lief das so: Die Kunden bringen ihre Hosen zum Umnähen und bestellen noch was aus dem Katalog. Manchmal wollen sie aber auch einfach nur Quatschen. Oder sich über ihre Krebserkrankung ausweinen. Oder einfach nur jemanden anpampen, weil bei der Möbellieferung eine Schraube fehlte.

Im Fenster hängt noch der blaue Aufkleber von Quelle, aber die Neonreklame hat Kobilke schon letzte Woche abgeschraubt. "Dat is, wie wenn du jemanden zu Grabe trägst". Kobilke hat noch ein paar Produkte im Regal stehen. Einen Edelstahllangschlitztoaster der Quelle-Marke Privileg. Oder ein Handgelenkblutdruckmessgerät. Auch den 1.347 Seiten dicken Quelle-Katalog hat Kobilke noch da liegen, neben der Kasse stapelt sich ein Packen Bestellzettel. Aber ob überhaupt noch Ware kommt, ist unklar. Die Shops waren schon immer das letzte Glied in der Kette, selbstständig, auf eigenes Risiko. "Wir verkaufen jetzt voll runter, und dann is Feierabend", sagt Kobilke.

Wenn in einigen Wochen alles vorbei ist, wird er hier im Einkaufszentrum nicht mehr der Quelle-Mann sein. Wenn es gut läuft, wird er der Otto-Mann werden. Oder der Neckermann-Mann. Kobilke hat jetzt schon mal deren Kataloge ausgelegt.

Wenn es schlecht läuft, dann wird auch er bei der Agentur landen, wie die Kollegen in Nürnberg und Fürth. Aber was das bedeuten würde, weiß er auch. "In meinem Alter, da brauchste draußen nicht mehr suchen."

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.11.2009 12:33.

victor

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Steineschmeißer in Neukölln

von victor am 03.11.2009 12:15


--------------------- Noch nicht aufgeadelt. Foto: taz.de/photocase hugo333


Anti-Gentrifizierungs-Demo
Steineschmeißer in Neukölln

Am vergangenen Samstag demonstrierten nur ein paar hundert Menschen in Neukölln gegen Gentrifizierung. Dabei betrifft diese eigentlich alle dort lebenden Bewohner. VON SAM T. FARD


Nicht nur die Umwelt war dunkel und kalt, als die Demo sich am Halloween-Abend zu formieren begann. Auffallend uniform und düster erschien auch die Mehrheit der Teilnehmenden. Die schwarzen Kapuzenpullis, die Blechimplantate, die spazieren geführten politischen Symbole und Ikonen.

Dabei ging es thematisch bei der Demo um etwas, das die AnwohnerInnen Neuköllns unmittelbar angeht, nämlich gegen ihre Vertreibung und Bevormundung. Aber sie waren nicht anwesend, die Ansässigen mit den verschiedenen kulturellen Hintergründen, die Ausgebeuteten, die Hartz IV Empfangenden, die perspektivlosen Jugendlichen, das Prekariat. Dagegen stark vertreten waren junge politisch engagierte Menschen, die auf das alte Phänomen mit neuem Namen aufmerksam geworden sind: die Gentrifizierung.

Teilweise sind auch sie selbst mit ihren bedrohten alternativen Haus- und Wohnprojekten davon betroffen. Aber sie stellen bei Weitem nicht die Mehrheit der Betroffenen dar. Das behaupten sie auch nicht. Aber sie gehen strategisch unklug vor. Unklug, wenn das Ziel tatsächlich darin bestehen sollte, einen Zustand der massenhaften Mobilisation der Betroffenen zu schaffen, um dann auch legitim und kollektiv politisch etwas zu bewirken.

Aber das Bild, das die Anwohner von der Demo bekamen, war das einer uniformierten unzugänglichen Gruppe, die an ihnen vorbeihuschte, sich nicht zu erkennen gab und abstrakte Parolen rief. Sehr beliebt: "A - Anti - Anticapitalista" und "Li - Li - Libertad - Anarquia total" und auch "Feuer und Flamme der Repression". Aus dem Lautsprecher punkte es "Ich bin Steineschmeißer, voller Wut. Steine schmeißen, das tut gut". So werden die Anliegen aber in kontraproduktiver Art vermittelt. In einer Phase, wo es um schnelle und massenhafte Aufklärung und Bewusstmachung gehen muss, wird hier die Chance vertan, konkrete Inhalte zu vermitteln und Sympathien zu gewinnen. Die meisten Menschen verbinden mit Phrasen wie "totale Anarchie" nun mal Negatives. Durch lauten Zuruf werden sie das nicht revidieren. Im besten Fall wird man ihnen noch ein zustimmendes, aber folgenloses Nicken abgewinnen, im Regelfall ein verwundertes Fragezeichen auslösen oder auch einfach Gelächter über das merkwürdige Gehabe. Ein schlechtes Zeugnis für eine Bewegung mit einem so wichtigen Thema auf der Agenda. Die inhaltlich richtigen und klugen Redebeiträge wurden teilweise so leise übertragen, dass man sie noch im 5-Meter Umfeld des Lautsprechers kaum verstehen konnte. Auch die vielen komplizierten Formulierungen haben den sprachlich weniger versierten Menschen sicher nicht beim Verstehen geholfen. Eigentlich wäre die Vermittlung des Themas einfach, schließlich geht es um einen einleuchtenden moralischen Anspruch, nämlich um den Erhalt des eigenen historisch entstandenen Lebensraums und -umfelds, zumindest um die kollektive Selbstbestimmung über die Form seiner Gestaltung und Veränderung.

Mindestens in dem Bereich müssen andere Regeln gelten als auf dem freien Markt mit seinem Recht des Stärkeren. Das Wohnrecht wird sogar juristisch traditionell nicht rein auf Kapital- und Eigentumsbasis begründet. Mit ihrem Anspruch stehen radikale AnarchistInnen also nicht allein.

Diese Idee kann, wenn richtig vermittelt, Mehrheiten überzeugen, alles Weiterreichende kann erst aus diesem Nenner erwachsen. Um die angemessene Breite der Bewegung zu erreichen, muss man sich aber von Demo-Codes verabschieden und endlich wagen, einen Schritt auf die Noch-Nicht-Politisierten zuzugehen, so anders sie sein mögen. Es gilt, zunächst die Argumente zu vermitteln.

Wenn der Adressat aber mit der (akademischen) deutschen Sprache nicht vertraut ist, müssen die Argumente eben in seiner Sprache vermittelt werden. Kurze prägnante Redebeiträge (zur Not von Band) auf Türkisch, Arabisch, Kurdisch u. a. m. wären ein entsprechender Schritt. Multilinguale Flugblätter, die am Rande verteilt und in Briefkästen gesteckt werden, sind unerlässlich. Auch gibt es tatsächlich außer Punk durchaus politische Musik in verschiedenen Stilen und Sprachen. Den Neuköllner Jugendlichen einreden zu wollen, Punk-Rock sei cooler als HipHop und R n B, ist kulturimperialistisch und ignorant, vor allem aber kontraproduktiv.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.11.2009 12:17.

victor

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Zivis künftig unbrauchbar

von victor am 03.11.2009 12:02


Kein Platz für Kurzzeit-Zivis: Rettungskräfte im Einsatz. Foto: taz.de


Verkürzung auf sechs Monate
Zivis künftig unbrauchbar

Der Paritätische Wohlfahrtsverband plant den Ausstieg aus dem Zivildienst. Der Grund: Bei einer Verkürzung auf sechs Monate können die Zivildienstleistenden nicht mehr richtig ausgebildet werden.

Angesichts der von Schwarz-Gelb geplanten Verkürzung des Wehr- und des Zivildienstes von neun auf sechs Monate bereitet sich der Paritätische Wohlfahrtverband auf den Ausstieg aus dem Zivildienst vor.

"Die Kürzung des Zivildienstes auf sechs Monate heißt, den Anfang vom Ende des Zivildienstes überhaupt einzuläuten, weil wir dann nicht mehr in der Lage sein werden, Zivildienstleistende noch vernünftig einzusetzen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, dem Kölner Stadt-Anzeiger.

"Unsere Mitgliedsorganisationen haben bereits signalisiert, dass sie die Stellen dann zurück geben und nicht mehr besetzen werden", sagte Schneider weiter. Unter dem Dach des Wohlfahrtsverbandes arbeiten 500.000 Menschen, 15.000 davon sind Zivildienstleistende.

Im Rettungsdienst, so Schneider, dauere die Ausbildung auf den Fahrzeugen drei Monate. "Da bringen sechs Monate dann gar nichts mehr. Bei der Pflege, in Kindergärten oder der Arbeit mit Behinderten kann man es den Menschen einfach nicht zumuten, alle halbe Jahre die Bezugsperson zu wechseln." Auch den Einsatzstellen könne man nicht zumuten, stets neue Leute einarbeiten zu müssen.

"Wenn man auf sechs Monate geht, dann ist der Zivildienst am Ende", sagte er weiter. Allerdings gebe es die Möglichkeit, den Verlust durch Freiwillige "zu kompensieren, wenn die Politik mitspielt" und mehr Geld bereitstelle, ergänzte der Hauptgeschäftsführer.

So stünden den 85.000 Zivildienstleistenden 2009 rund 35.000 junge Menschen gegenüber, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr absolvieren. Die Zahl der Bewerber auf die von Bund und Ländern finanzierten Stellen sei jedoch ungefähr doppelt so hoch.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.11.2009 12:03.

victor

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Ramsauer will raufen

von victor am 02.11.2009 13:48





SNCF in Deutschland
Ramsauer will raufen
Von Michael Bayer



SNCF-Testzug in Freiburg: Bislang ist die Deutsche Bahn auf ihrem
Heimatmarkt im Fernverkehr praktisch Monopolist.


Die französische Staatsbahn SNCF will der Deutschen Bahn hierzulande Konkurrenz machen - ein Plan, der ordentlich für Wirbel sorgt. Bahn-Vorstand Ulrich Homburg spricht von einer blutigen Schlacht und lässt durchblicken, sein Konzern wünsche, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy interveniere.

So weit will freilich - nachvollziehbarerweise - Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nicht gehen. "Das werden wir hoffentlich auf der Ebene der Verkehrsminister lösen können", sagte er der Rheinischen Post.

Er habe noch nie zu denen gehört, die mit ihrer großen Schwester drohen. "In der Schule habe ich auch immer selber gerauft und zur Not so lange Prügel eingesteckt , bis ich gewonnen habe", sagte Ramsauer.


Peter Ramsauer

Die Prügel, die der Deutschen Bahn drohen, sind schnelle französische Züge zwischen Frankfurt, Berlin oder Hamburg. Gewinnen könnten am Ende die Fahrgäste.

Ramsauer redet nicht gegen die Konkurrenz auf den deutschen Schienen. Er verlegt sich stattdessen auf eine Debatte über Chancengleichheit. Es sei nicht zu beanstanden, dass die SNCF demnächst hierzulande unterwegs sei. Dann das Aber: Bis heute mache es Frankreich der Deutschen Bahn unmöglich, im Nachbarland Verbindungen anzubieten. "Das kann so nicht weitergehen."

Er habe deshalb mit seinem französischen Amtskollegen Dominique Bussereau telefoniert. Frankreich müsse die eigenen Märkte deregulieren und dem internationalen Wettbewerb öffnen.

Die SNCF will die Verbindungen ab Frankfurt nach Berlin und Hamburg von ihrer Tochter Keolis betreiben lassen, die bereits mehrere Regionalangebote vor allem in Nordrhein-Westfalen im Fahrplan hat.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.11.2009 13:53.

victor

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Gabriel auf Ochsentour

von victor am 02.11.2009 13:30



SPD-Parteitag
Gabriel auf Ochsentour
Von Steffen Hebestreit




SPD-Parteitag

Die neue Partei-Führung soll am 13. November beim Parteitag in Dresden gewählt werden. Als neuer Vorsitzender kandidiert Sigmar Gabriel. Andrea Nahles soll Generalsekretärin werden.

Mit Auftritten an der Parteibasis wollen Gabriel und Nahles für ihre Kandidatur werben und den Mitgliedern Rede und Antwort stehen. (eff)



Ochsentour wird bei all jenen, die sich in den Höhen und Niederungen der deutschen Parteienlandschaft auskennen, jene Phase im Leben eines Politikers genannt, in der er über die Dörfer zieht, sich lokal engagiert, im eigenen Ortsverein, am Info-Tisch, in der er Plakate klebt, sich bekannt macht und Demut lernt - bevor er höhere Weihen erhält.

Der designierte SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und die Generalsekretärin Andrea Nahles haben sich nach dem 23-Prozent-Debakel bei der Bundestagswahl eine neuerliche Ochsentour verordnet. Über die Dörfer und Städte ziehen sie, um in Sporthallen, Vereinsgaststätten und Hinterzimmern die verbliebenen Genossen zu treffen. 15 Termine sind bereits vereinbart, von Nord nach Süd, von West nach Ost.

Diese Form der aufsuchenden Parteiarbeit soll vor dem SPD-Parteitag im November signalisieren: Wir haben verstanden. Wir wollen euch zuhören, euch enger einbinden. Schließlich, so Sigmar Gabriel, trete man der SPD ja nicht bei, um nur als förderndes Mitglied alles abzunicken, was die Chefetage beschließt. "Man will mitreden."

Am Wochenende, im niedersächsischen Loxstedt, hatte die Parteibasis eine solche Gelegenheit mitzureden. Und geredet haben die 250 Genossen, frei von der Leber weg. Die Rente mit 67, die Hartz-IV-Gesetze, die Mehrwertsteuererhöhung und der Mangel an Friedenspolitik wurden heftig kritisiert. Rasch entstand der Eindruck von einer "Ohnmacht der Basis", die sich die gesamten elf Jahre, an denen die SPD in der Regierung gewesen ist, breit gemacht hat. Kritik wurde auch laut am neuen Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier, weil er Teil dieses Systems gewesen sei.

Sigmar Gabriel mag auf Ochsentour sein, wer ihn kennt, weiß aber, dass er sich nicht einfach zur Schlachtbank führen lässt. Er hört nicht nur zu, sondern gibt auch Kontra. Die Agenda sei mehr gewesen als Hartz IV, Steinmeier gehöre zu den klügsten Köpfen der Partei und die SPD müsse sich nun neu ausrichten.

All dies, so ist es den Berichten über die Veranstaltung zu entnehmen, geschieht in einem freundlichen, ja konstruktiven Gesprächsklima, was angesichts der Lage der SPD und dem angestauten Frust an der Basis allein schon bemerkenswert ist. "Wir haben am 27. September alle gemeinsam in den Abgrund geschaut", sagt ein Spitzensozialdemokrat. Dem Fokus sagt Sigmar Gabriel am Montag, es sei nicht die Zeit für Flügelkämpfe, die Partei müsse erstmal wieder laufen lernen.

In dieses Bild passt, dass selbst aus Hessen selbstkritische Töne zu hören sind. Andrea Ypsilanti gesteht in einem Interview ein, sie hätte sich nach der Wahl 2008 vielleicht nicht genug Zeit genommen zu überlegen, "wie gehen wir mit diesem Wahlergebnis um". Und ihre Partei hätte sie vielleicht auch früher einbeziehen sollen. Ganz so, wie es Gabriel und Nahles nun vorexerzieren.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.11.2009 13:30.

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Karsai bleibt Präsident Afghanistans

von victor am 02.11.2009 13:20





Plaßmann: Afghanistan (Bild: Thomas Plaßmann)


Stichwahl abgesagt
Karsai bleibt Präsident Afghanistans
Von Christine Möllhoff

Die Stichwahl ist abgesagt: Die Menschen in Afghanistan müssen am Samstag nicht ihr Leben riskieren, um den einzigen verfügbaren Kandidaten zu wählen. Mitglieder der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) erklärten, nach Rückzug eines der Kandidaten werde die zweite Wahlrunde nicht stattfinden. Zuvor waren bereits mehrere Millionen Stimmzettel gedruckt worden. Gleichzeitig wurde Hamid Karsai zum neuen Präsidenten ernannt.

Mehr / zum Artikel auf fr-online

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victor

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Opferzahl bleibt für immer ein Geheimnis

von victor am 29.10.2009 13:21



Nato-Bericht zu Bundeswehrbefehl
Opferzahl bleibt für immer ein Geheimnis


Karl-Theodor zu Guttenberg

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist erst wenige Stunden im Amt. Soeben hat der mit 37 Jahren bisher jüngste Verteidigungsminister der Bundesrepublik seinen Vorgänger Franz Josef Jung (CDU) bei einem Großen Zapfenstreich für dessen Verdienste gewürdigt. Fast zeitgleich landet ein Flugzeug mit brisanter Ware.

Die Nato hat ihren Untersuchungsbericht zu dem von einem Bundeswehroberst im September angeordneten Luftangriff mit vielen Toten in Afghanistan nach Deutschland geflogen. Adressat: Guttenberg. Denn Jung ist nun Arbeitsminister.

In dem Bericht heißt es. Die genaue Opferzahl bei dem Luftangriff auf zwei Tanklastzüge in Afghanistan ist nach Nato-Angaben nicht mehr genau zu ermitteln. Bei dem vom deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Angriff am 4. September seien laut verschiedenen Quellen zwischen 17 und 142 Menschen getötet worden, sagte Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan am Donnerstag in Berlin unter Berufung auf den nun eingetroffenen Nato-Untersuchungsbericht. In dem Bericht heiße es zudem, dass es zwischen 30 bis 40 getötete und verletzte Zivilisten gegeben haben könnte.....


Mehr / zum Artikel auf fr-online.de

Antworten Zuletzt bearbeitet am 29.10.2009 13:22.

victor

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Freund der Argumente

von victor am 26.10.2009 11:18




Bischof Wolfgang Huber
Freund der Argumente
Von Harald Biskup

Zur Person
Wolfgang Huber, 67, stand sechs Jahre lang als Ratsvorsitzender an der Spitze der EKD. Er tritt aus Altersgründen bei der Wahl am kommenden Mittwoch auf der EKD-Synode in Ulm nicht erneut an. Als aussichtsreichste Nachfolgerin gilt die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann. Chancen werden auch den Bischöfen Jochen Bohl, Ulrich Fischer, Martin Hein und Frank Otfried July eingeräumt.


Seit 1993 war Wolfgang Huber Bischof der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg. Auch aus diesem Amt scheidet er im November aus. Zu den herausragenden Ereignissen in Hubers Zeit als EKD-Chef zählt der erste Ökumenische Kirchentag, der vor sechs Jahren in Berlin stattfand. Die Vorbereitungen für das zweite ökumenische Christentreffen im Mai 2010 in München laufen bereits. (fr)

Wenn Wolfgang Huber in diesen Tagen gefragt wird, ob er sich auf den Ruhestand freue, flüchtet sich der scheidende Bischof von Berlin-Brandenburg und der Noch-Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands gern in eine Notlüge. Der Abschied, behauptet der oberste Repräsentant von 25 Millionen Protestanten dann, falle ihm gar nicht so schwer.

Auch während des Gesprächs in der Bischofskanzlei unweit des Alexanderplatzes gestattet Huber sich keine Wehmut. Er sei froh, mehr Zeit für seine Frau und die Familie zu haben, gönne sich eine Auszeit, werde für einige Wochen in einem Forschungsinstitut in Südafrika sein und alles Weitere müsse sich ergeben.

Auch viele Emotionen


"Keiner kann", entgegnet Huber, "in allen Dimensionen gleich präsent sein. In Debatten gebe ich dem Argument den Vorzug vor der ungezügelten Leidenschaft, das ist wahr." Wenn er sich äußere, "schwingt sehr viel Leidenschaft und Emotion mit, auch wenn das dann am Ende argumentativ geklärt wird. Ich glaube, man könnte so eine Aufgabe sonst gar nicht mit der Durchhaltekraft wahrnehmen, die sie erfordert."

In den vergangenen drei Jahrzehnten ist kein evangelischer Kirchenmann so präsent in der Öffentlichkeit gewesen wie Wolfgang Huber, was nicht immer und überall goutiert worden ist. "Ein Gottesdienst in einer kleinen Dorfgemeinde ist mir genauso wichtig wie ein Fernseh-Auftritt."

Welche der selbst gesteckten, ehrgeizigen Ziele haben sich noch nicht umsetzen lassen? "Keines der Ziele kann schon als erreicht gelten - das gilt für die missionarische Ausrichtung unserer Kirche, für den Reformprozess und für wichtige Positionen, die es gilt, in die Öffentlichkeit einzubringen." Was von dem Erreichten trägt besonders klar seine Handschrift? "Der Reformprozess hat eine Dynamik angenommen, dass niemand auf die Idee kommt, ihn abzubrechen oder für beendet zu erklären".

Kaum zu zählen sind die Anstöße, die er gegeben hat, schier endlos die Liste der Themenfelder, in die Huber sich eingemischt hat. Aus Verantwortung, sagt der Bischof, dem seine Kritiker einen Hang zur Eitelkeit und Selbstdarstellung vorwerfen. Gleichgültig, ob er Familienarmut anprangerte, Raffgier von Managern geißelte, sich differenziert zur Sterbehilfe oder zu bioethischen Fragen äußerte - stets waren Hubers Wortmeldungen pointiert und durchdacht.

Freilich ist sein Tonfall hier und da schärfer geworden. Besonders gilt dies im Umgang mit dem Islam. So kritisierte er den christlich-muslimischen Austausch als "Kuschel-Dialog", weil er angeblich heikle Themen ausspare und warnte vor einer "Islamisierung" Europas.

Starke Medienpräsenz

In den sechs Jahren an der Spitze der EKD hat Huber seiner Kirche zu einer stärkeren Profilierung verholfen, und er widerspricht nicht dem Eindruck, dass der Protestantismus heute deutlich selbstbewusster auftritt. "Wir haben Fortschritte darin gemacht, die Stimme der evangelischen Kirche öffentlich klar wahrnehmbar zu machen", sagt Huber.

Seine intellektuelle Vielseitigkeit und die starke Medienpräsenz haben ihn zum Gesicht des Protestantismus in Deutschland gemacht. Eigenständiges Profil und ökumenische Zusammenarbeit schlössen sich nicht aus: "Es geht mir nicht in erster Linie um Abgrenzung." Die Ökumene habe Fortschritte gemacht, befindet Huber - aber er verhehlt nicht, dass die Differenzen mit der katholischen Kirche seit der Vatikan-Erklärung "Dominus Jesus" deutlicher hervorgetreten seien. Was nochmals verstärkt wurde durch die Wahl Josef Ratzingers zum Papst. Huber ist jedoch überzeugt,dass es "keinen anderen Weg gibt als das, was ich Ökumene des wechselseitigen Respekts nenne".

Verhageln die jüngsten katholisch-evangelischen Irritationen um ein internes Thesenpapier seine positive Bilanz? Nein, sagt Huber und wiederholt, dass es sich um einen "missglückten Text" handle, der "dezidiert von keinem Gremium der EKD anerkannt ist und der anonym verbreitet" worden sei. Wer steckte dahinter und wem sollte geschadet werden? "Über schnöde Motive schnöder Handlungen", antwortet der Bischof knapp, "zerbreche ich mir nicht den Kopf."

Immerhin räumt er ein, die Analyse aus dem EKD-Kirchenamt enthalte neben manchen "inakzeptablen Wertungen" auch "Darstellungen von Vorgängen, die richtig sind". Den Zwist hält er für ausgestanden.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 26.10.2009 11:20.

victor

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Fans von Schwarz-Gelb

von victor am 26.10.2009 10:59



fr-online.de


TV-Kritik "Anne Will"
Fans von Schwarz-Gelb
Von Daland Segler

Es ist ja noch immer ein Rätsel: War es Dummheit oder Zynismus, dass die künftige Regierung und ihre Chef-Schwadroneure Ronald Pofalla und Guido Westerwelle verkündeten, man werde eine große soziale Ungerechtigkeit beseitigen – um dann das "Schonvermögen" von Hartz IV-Empfängern zu nennen, das nun aufgestockt werden solle.

Wer sich gestern Abend Anne Wills Polittalk antat, musste allerdings zu dem Schluss kommen, dass es doch Dummheit war, so leicht wurde diese Zirkus-Nummer auseinandergenommen: Nicht mal drei Prozent der Armen werde damit etwas Erleichterung zuteil, berichtete Marion von zur Gathen vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Und kritisierte zu Recht (und vom Hinweis Wolfgang Schäubles auf ein anstehende Urteil des Verfassungsgerichts kaum entkräftet), dass CDU und FDP nichts gegen die Kinderarmut in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hätten.

Und damit nicht genug: Jürgen Trittin von den Grünen legte genüsslich dar, dass die Erhöhung des "Schonvermögens" schon einmal geplant, aber von den CDU-geführten Bundesländern im Bundesrat blockiert worden war. Da merkte sogar der Westerwelle-Klon von den Jungliberalen, ein Herr namens Johannes Vogel, dass er mit seinen Lobpreisungen dieser Maßnahme keinen Blumentopf gewinnen konnte und wich rasch auf andere Segnungen aus, derer uns die neue "Schwarz-Geld"-Regierung teilhaftig werden lassen will. Wenn das die Politiker von morgen sind, dann Gute Nacht.

Man muss der Redaktion von Anne Will diesmal den Vorwurf machen, die Gäste schlecht ausgewählt zu haben – jedenfalls, wenn man an niveauvollen Argumenten der neu gewählten Regierung Interesse haben sollte. Denn neben dem wie üblich eher ruhigen Wolfgang Schäuble, der immerhin einräumte, dass alles auch ganz anders kommen könne als von Merkels Regierung geplant, und Johnnes Vogel hatte man von den Fans der Schwarz-Gelben noch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt eingeladen, und der gab nur eines zu erkennen: Dass der Vorwurf, die neue Regierung betreibe Klientelpolitik, nur zu berechtigt ist.

Hundt scheute sich nicht, die alte Lügen-Mär zu erzählen, wenn man "die Wirtschaft" – also die Unternehmer – nur genügend päppele, dann werde es schon bergauf gehen. Quelle, Opel und Co. lassen grüßen... Als Gegenpart erwiesen sich der sonst gewiss nicht polemikferne Jürgen Trittin von den Grünen an Argumenten und Detail-Kenntnis den Gesundbetern Hundt und Vogel derart überlegen, dass ihn Moderatorin Will schon bremsen zu müssen glaubte.

Und als weiteres seriöses kritisches Element in dieser Talkrunde über eine offenbar nicht besonders seriös planende Regierung nannte Zeit-Journalistin Elisabeth Niejahr Argumente, denen Schäuble und Vogel am Ende nur noch damit begegnen konnten, dass sie Niejahr nicht ausreden ließen. Wenn die Merkel-Regierung keine besseren Verteidiger ihrer Sache in ihren Reihen hat, muss Anne will zur Rettung ihrer Quoten womöglich bald vom Polit- auf einen Kultur-Talk umschalten.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 26.10.2009 11:00.

victor

44, Männlich

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Alle reden vom Wachstum, ich merke davon nichts

von victor am 23.10.2009 12:40


Jean-Paul Fitoussi kritisiert die Focusierung
auf das Bruttoinlandsprodukt





Der Pariser Konjunkturforscher Jean-Paul Fitoussi über die Krise, den König der Indikatoren, und die erstaunliche Wirkung von Staus auf die Volkswirtschaft

Der Freitag: Wirtschaft wieder im Aufschwung, so lautete das Echo auf die jüngsten Prognosen. Die Konjunktur springe wieder an. Ist die Wirtschaftskrise wirklich schon vorbei?

Jean-Paul Fitoussi: Nein. Viele verwechseln das Niveau mit den Wachstumsraten. Das Bruttoinlandsprodukt ist innerhalb eines Jahres um etwa sechs Punkte gefallen. Und jetzt haben wir ein Miniwachstum in Deutschland und Frankreich von etwa 0,3 Prozent. Wir sind also nicht mehr bei minus sechs, sondern bei minus 5,7 Prozent. Das kann man nicht als Ende der Krise bezeichnen. Auch deswegen nicht, weil die Beschäftigung noch weiter zurückgehen wird. Bis wir wieder auf dem Niveau von 2008 sind, vergehen noch mehrere Jahre.

Sie rechnen immer noch in BIP?

Bis jetzt habe ich keine anderen Daten.

Aber Sie haben doch gerade mit Kollegen wie Amartya Sen und Joseph Stiglitz einen Bericht vorgelegt, der die Fokussierung auf das BIP scharf kritisiert.

Wir sagen zunächst, das man das BIP verbessern kann. Und dass es ein Indikator der Produktion ist und nicht des Wohlstands. Wenn das BIP der König der Indikatoren bleibt, wird sich die Gesellschaft immer weniger darin erkennen. Wegen der wachsenden Ungleichheiten. Und wegen neuer Probleme, etwa der Umweltzerstörung.
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Das ganze Interview / freitag.de

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