Gabriel auf Ochsentour

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victor

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Gabriel auf Ochsentour

von victor am 02.11.2009 13:30



SPD-Parteitag
Gabriel auf Ochsentour
Von Steffen Hebestreit




SPD-Parteitag

Die neue Partei-Führung soll am 13. November beim Parteitag in Dresden gewählt werden. Als neuer Vorsitzender kandidiert Sigmar Gabriel. Andrea Nahles soll Generalsekretärin werden.

Mit Auftritten an der Parteibasis wollen Gabriel und Nahles für ihre Kandidatur werben und den Mitgliedern Rede und Antwort stehen. (eff)



Ochsentour wird bei all jenen, die sich in den Höhen und Niederungen der deutschen Parteienlandschaft auskennen, jene Phase im Leben eines Politikers genannt, in der er über die Dörfer zieht, sich lokal engagiert, im eigenen Ortsverein, am Info-Tisch, in der er Plakate klebt, sich bekannt macht und Demut lernt - bevor er höhere Weihen erhält.

Der designierte SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und die Generalsekretärin Andrea Nahles haben sich nach dem 23-Prozent-Debakel bei der Bundestagswahl eine neuerliche Ochsentour verordnet. Über die Dörfer und Städte ziehen sie, um in Sporthallen, Vereinsgaststätten und Hinterzimmern die verbliebenen Genossen zu treffen. 15 Termine sind bereits vereinbart, von Nord nach Süd, von West nach Ost.

Diese Form der aufsuchenden Parteiarbeit soll vor dem SPD-Parteitag im November signalisieren: Wir haben verstanden. Wir wollen euch zuhören, euch enger einbinden. Schließlich, so Sigmar Gabriel, trete man der SPD ja nicht bei, um nur als förderndes Mitglied alles abzunicken, was die Chefetage beschließt. "Man will mitreden."

Am Wochenende, im niedersächsischen Loxstedt, hatte die Parteibasis eine solche Gelegenheit mitzureden. Und geredet haben die 250 Genossen, frei von der Leber weg. Die Rente mit 67, die Hartz-IV-Gesetze, die Mehrwertsteuererhöhung und der Mangel an Friedenspolitik wurden heftig kritisiert. Rasch entstand der Eindruck von einer "Ohnmacht der Basis", die sich die gesamten elf Jahre, an denen die SPD in der Regierung gewesen ist, breit gemacht hat. Kritik wurde auch laut am neuen Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier, weil er Teil dieses Systems gewesen sei.

Sigmar Gabriel mag auf Ochsentour sein, wer ihn kennt, weiß aber, dass er sich nicht einfach zur Schlachtbank führen lässt. Er hört nicht nur zu, sondern gibt auch Kontra. Die Agenda sei mehr gewesen als Hartz IV, Steinmeier gehöre zu den klügsten Köpfen der Partei und die SPD müsse sich nun neu ausrichten.

All dies, so ist es den Berichten über die Veranstaltung zu entnehmen, geschieht in einem freundlichen, ja konstruktiven Gesprächsklima, was angesichts der Lage der SPD und dem angestauten Frust an der Basis allein schon bemerkenswert ist. "Wir haben am 27. September alle gemeinsam in den Abgrund geschaut", sagt ein Spitzensozialdemokrat. Dem Fokus sagt Sigmar Gabriel am Montag, es sei nicht die Zeit für Flügelkämpfe, die Partei müsse erstmal wieder laufen lernen.

In dieses Bild passt, dass selbst aus Hessen selbstkritische Töne zu hören sind. Andrea Ypsilanti gesteht in einem Interview ein, sie hätte sich nach der Wahl 2008 vielleicht nicht genug Zeit genommen zu überlegen, "wie gehen wir mit diesem Wahlergebnis um". Und ihre Partei hätte sie vielleicht auch früher einbeziehen sollen. Ganz so, wie es Gabriel und Nahles nun vorexerzieren.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.11.2009 13:30.

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