Juso-Chef attackiert Gabriels Führungskurs und mangelndes SPD-Profil

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Juso-Chef attackiert Gabriels Führungskurs und mangelndes SPD-Profil

von redaktion am 20.01.2011 10:35




Juso-Chef attackiert Gabriels Führungskurs und mangelndes SPD-Profil und rät zur Juniorpartnerschaft in einer von der Linken geführten Landesregierung


Vogt

Leipzig/Berlin (rdp/ots) - Die Jungsozialisten haben von der Mutterpartei SPD ein "klares Profil", verbunden mit einer ersichtlichen Revidierung der Positionen zur Hartz-Reform, zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr und vor allem zur Einführung der Rente mit 67 verlangt. Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt beklagte in einem Gespräch mit der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag-Ausgabe) zudem nicht sehr demokratische Entscheidungsprozesse in der SPD in jüngster Zeit: Es sei "kein Wunder", dass Union und FDP die Grünen und nicht die SPD jetzt als Hauptgegner ausgemacht hätten. "Die haben die letzten Jahre genutzt, um das eigene klare Profil zu schärfen." Zugleich rief Vogt die SPD dazu auf, auch als Juniorpartner in eine von der Linkspartei geführten Landesregierung, beispielsweise in Sachsen-Anhalt, einzutreten.

Von der SPD-Führung erwarte er, dass der Erneuerungsprozess "mit klaren Sachpositionen verbunden" werde. "Da muss man das revidieren, was unter SPD-Regierungsverantwortung angefangen wurde." Der SPD sei "nicht mit schwammigen Begriffen geholfen". Die Klarheit in der Sache müsse betrieben werden, "auch um den Preis eines vorübergehenden denkbaren Verlustes von zwei bis drei Prozentpunkten bei den Umfragen", verlangte Vogt. Entscheidend sei die klare Entscheidungsmöglichkeit bei der nächsten Wahl und nicht ein vorübergehender Umfragewert.

Zudem attackierte Vogt auch den amtierenden SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, Generalsekretärin Andrea Nahles und den Chef der Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, direkt. Die von Gabriel, Nahles und Steinmeier "quasi im Alleingang" durchgesetzte Forderung nach Senkung der Sozialbeiträge bei einer SPD-Steuerreform bei der jüngsten Klausurtagung der Parteispitze sei "von der Spitze aufgeworfen worden, ohne dass auch nur ein Gremium darüber wirklich abgestimmt hat". Aus der vom SPD-Chef Gabriel immer wieder avisierten größeren innerparteilichen Demokratie müsse sich auch für die Führungsmitglieder "eine echte Chance auf Mitwirkung ergeben", verlangte Vogt. In der SPD sei es wichtig, "dass bei der Erarbeitung von Politik mehr Leute nicht nur mitreden, sondern auch wirklich mitentscheiden können". Mehr innerparteiliche Demokratie dürfe sich nicht nur auf die eine Frage nach dem nächsten Kanzlerkandidaten reduzieren, mahnte Vogt.

Auch in der Sache liege die SPD-Spitze mit ihrer jüngsten Festlegung nach Ansicht des Juso-Vorsitzenden bei der Steuerfrage falsch. Die versprochene Senkung der Sozialbeiträge "ist zu teuer, bringt zu wenig und wir müssen ehrlich sagen: auch wir können Geld nur ein Mal ausgeben". Vogt erinnerte an die bereits vereinbarten SPD-Pläne zu verbesserter Bildung, zum Ausbau der Infrastruktur oder zu den Verbesserungen bei der Hartz-IV-Reform. Das koste mindestens 70 bis 80 Milliarden Euro. "Wenn die SPD aber den Mut haben sollte, zu sagen, wir erhöhen die Steuern um 100 Milliarden Euro, dann können wir es so machen, wie es die Führung beschlossen hat" sagte Vogt. Andernfalls müsse man ehrlich zu den eigenen Prioritäten stehen, und dabei stehe eben Bildung ganz oben.

Der Juso-Vorsitzende bemängelte angesichts der schlechten Umfragewerte für seine Partei momentan, dass die SPD nicht richtig erkennbar sei. Derzeit sei es doch so, "dass, wer SPD wählt, nicht immer weiß, was er sich damit einhandelt, wofür die SPD also genau steht". Wenn man Klarheit in der Sache wolle, müsse man sich aber auch mutig mit Interessengruppen anlegen. Für den Juso-Chef ist dabei klar, dass in manchen Punkten der frühere Vizekanzler und jetzige SPD-Fraktionschef im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, "wahrscheinlich auch noch über einige Schatten wird springen müssen". Bei der noch vom früheren SPD-Vorsitzenden und Ex-Vizekanzler Franz Müntefering verhandelten Rente mit 67 regte Vogt an, "weg von der allgemeinen Altersgrenze, hin zu Regelungen mit Versicherungsjahren" zu kommen. In der aktuellen Frage der Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr rief der Juso-Chef zum Nein der SPD-Bundestagsfraktion auf. "Das ist ein Blankoscheck, dem man so nicht zustimmen sollte. Es wird kein klarer Strategiewechsel und keine verlässliche Ausstiegsstrategie angeboten."

Vogt sieht die Linke als "heterogenes Gebilde". In Hamburg stehe die SPD vor einem großen Wahlerfolg. Man müsse aufpassen, dass sie mit der folgenden Wahl in Sachsen-Anhalt nicht gleich wieder brutal ernüchtert werde. "Vor Wahlen sollte es grundsätzlich keine Vorfestlegungen für Koalitionen seitens der SPD geben. Es ist nicht logisch, dass die SPD in Sachsen-Anhalt sagt, als stärkerer Partner kann man sich mit der Linkspartei eine Koalition vorstellen, nicht aber als Juniorpartner."

Antworten Zuletzt bearbeitet am 20.01.2011 10:35.

phantadu

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Beiträge: 723

Re: Juso-Chef attackiert Gabriels Führungskurs und mangelndes SPD-Profil

von phantadu am 20.01.2011 11:01

Das ist mal eine Analyse, der ich wirklich zustimmen kann.... Sehr gut, Herr Vogt! Erkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. Man kann nur hoffen, dass diese Erkenntnis auch noch rechtzeitig in den oberen Etagen ankommt. Schließlich befinden wir uns in einem Wahljahr...

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