Portugal unter dem „Rettungsschirm“

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Portugal unter dem „Rettungsschirm“

von redaktion am 08.04.2011 10:43




Portugal unter dem „Rettungsschirm“
von polis-Gastautor Philipp Freiherr von Brandenstein


von Brandenstein

Portugal sucht Zuflucht unter dem „Rettungsschirm“. Als Begründung führt PM Sócrates die Ablehnung des jüngsten Sparpakets durch das Parlament an. Eine solche Begründung ist inakzeptabel. Sparpakete und Haushaltskonsolidierung sind Voraussetzung für Hilfe der EU. Portugal definiert sie nun als Alternative zur Sparpolitik. Der Rettungsschirm wurde aber nicht zur Externalisierung von Kosten der politischen Entscheidungen oder Unterlassungen nationalstaatlicher Regierungen konzipiert. Die Bundesregierung steht hierfür im Wort! Man erinnere sich an die Zusicherung der Kanzlerin im Parlament, die deutsche Stabilitätskultur würde auf die EU übertragen. (MdB Solms saß an diesem Tage wie versteinert im Plenarsaal).

Doch offenbar wussten die Koalitionsspitzen Merkel, Seehofer und Westerwelle bereits zum gegebenen Zeitpunkt, warum sie das Parlament kaum in die Verhandlungen über den Rettungsschirm eingebunden haben. Denn anders als von der BReg dargestellt, gibt es im ESM keine verlässlichen Mechanismen, um von den Krisenstaaten Haushaltskonsolidierung einzufordern. Man hat es schlicht versäumt, auf diesem Verhandlungspunkt zu bestehen. Die Folgen sind absehbar. Wenn sich der Mechanismus des ESM nach portugiesischem Muster fortsetzt, steht der Euro in der Tat auf dem Spiel und die Verantwortung hierfür muss auch bei den Verhandlungsführern in Europäischen Rat verortet werden. Frau Merkel hat versagt!

Die gegebene Situation ist ohne Zweifel das Ergebnis sehr schlechter und inkonsequenter Europapolitik. Die Folgen dieses Versagens könnten den Euro und das gesamte europäische Projekt beschädigen. Den unversöhnlichen Nationalisten und Euroskeptikern, denjenigen also , die Europa ohnehin ablehnen, hat man jedenfalls ein neues Feld eröffnet.

Es rächt sich nun, dass man eine Transferunion vollzogen hat, ohne die politischen Strukturen hierfür zu schaffen. Nicht zuviel, sondern zuwenig Europa macht das Ausscheren Portugal aus der europäischen Solidarität möglich. Um sich zu retten, müsste Europa nun endlich den Schritt zur politischen Union vollziehen. Nur innerhalb verbindlicher und demokratisierter Strukturen kann die Wende gelingen. Der Politik ist dies aber offensichtlich nicht mehr zuzutrauen. Die EG war ein Elitenprojekt, die EU ein Bürokratenprojekt, die Vereinigten Staaten von Europa müssen das Ergebnis einer europäischen Volksbewegung sein. Nur dann kann der große Wurf gelingen.

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Der Autor diente ab Anfang 2007 als Chief-of-Staff von Karl-Theodor zu Guttenberg in Berlin. Diesem folgte Brandenstein Ende 2008 als Leiter Strategie und Kommunikation in die Landesleitung der CSU. In dieser Funktion - verantwortlich für die Kampagnenführung der CSU - erstellte Brandenstein ein vertrauliches Strategiepapier, in welchem er gegen eine "Anti-Türkei-Kampagne" der CSU bei den Europawahlen 2009 Stellung nahm. Inzwischen ist Philipp von Brandenstein aus der CSU ausgetreten.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 08.04.2011 10:45.

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