Pogrom

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Pogrom

from redaktion on 09/08/2011 07:31 PM




Pogrom
von polis-Gastautor Ulrich Kasparick


Ulrich Kasparick

Da steht es.
Das Wort.
Pogrom.
Es kommt aus dem Russischen und bedeutet „Verwüstung".
Beiläufig las ich es heute. Und wurde aufmerksam.
Was geschieht da im Winkel zwischen Tschechien und Sachsen? „Nur ein verstärkter Polizeieinsatz konnte Pogrome verhindern" lese ich.
Eine Kleinstadt ist drauf und dran, andere Menschen umzubringen. Wenn die Polizei nicht da wäre.
Ein Pogrom droht.
Es ist eine Gegend in Tschechien, die man den „Schluckenauer Zipfel" nennt. Der Landstrich reicht bis nach Sachsen.
Ragt also gewissermaßen nach Deutschland hinein.

Ich lese diesen Text auch in der Prager Zeitung. Immerhin.
Allerdings befassen sich die meisten Texte dieser Tage mit ganz anderen Themen. Ich lese „Rettungsschirm", ich lese „Euro-Bond", ich lese „Versagen der Politik", ich lese „Steuerreform" und „alle müssen mehr zahlen". Es geht also vor allem ums Geld.
In Deutschland und seinen Gazetten.

Aber da steht mittendrin nun dieses Wort.

Pogrom.

Und lässt sich nicht mehr wegwischen.

An den Schwächsten entlädt sich wieder einmal der „Volkszorn". Die Roma sind die größte Minderheit in Europa. Man schätzt sie auf etwa 10 Millionen, verstreut über etliche europäische Staaten. Sie leben mitten unter uns. Der Volksmund nennt sie „Zigeuner". Was als Schimpfwort gemeint ist.

Dietrich Bonhoeffer hat mal den Satz gesagt: „Wer nicht für die Juden schreit, soll nicht Halleluja singen".
Es war ein Appell an die Menschen in diesem Land, die sich „christlich" nannten, endlich den Mund aufzutun für die, die keine Stimme haben.

Deshalb schreibe ich hier diesen kurzen Text.
Um an ein Wort zu erinnern, dessen grausamer Hall wieder zu hören ist.
Pogrom.
Mitten in Europa.
Im Grenzland zwischen Tschechien und Deutschland.
Man nennt die Gegend "Schluckenauer Zipfel"......

ARTE ist es zu danken, dass mehr Informationen über dieses europäische Thema zusammengetragen wurden. Es handelt sich offenbar um ein Thema, das von Politikern eher in Hinterzimmern mit spitzen Fingern angefasst wird, denn mit wirklicher Politik.

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Ulrich Kasparick war langjähriger SPD-Bundestagsabgeordneter und parlamentarischer Staatssekretär im Forschungs- und Verkehrsministerium. Er arbeitet inzwischen als Schriftsteller und Publizist.

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