Liberaler Casus Belli

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Liberaler Casus Belli

von redaktion am 11.10.2011 19:05




Liberaler Casus Belli
von polis-Gastautor Phlipp Freiherr von Brandenstein

von Brandenstein

Ein spannendes Aufeinandertreffen gab es heute bei den Liberalen. Die FDP hatte den "Chaos Computer Club" zu Gast im Dehler-Haus. Das nahe liegende Thema lautete "Staatstrojaner". Teilnehmer waren neben profilierten Innen- und Justizexperten der Fraktion auch Generalsekretär Christian Lindner und die Bundesjustizministerin.

Ein Bundestagsabgeordneter fasste das Ergebnis der Unterrichtung durch den CC wie folgt zusammen: "Unsere schlimmsten Befürchtungen in Bezug auf den Staatstrojaner scheinen sich zu bestätigen!" Das offensichtlich in Bayern eingesetzte Tool weise verfassungswidrige Features auf. Auch die anderen Varianten die dem CCC vorliegen, hätten diese Eigenschaften. Insbesondere bedenklich sei die Möglichkeit, weiteren Code nachzuladen sprich zu manipulieren. Dies könne über einen nahezu ungeschützen Zugang erfolgen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte bereits vor dem Treffen erklärt, sollten sich die Vorwürfe des Chaos Computer Clubs bestätigen, sei der Gesetzgeber in der Pflicht, die Unsicherheit durch „totale Transparenz" und einen engen Gesetzesrahmen auszuräumen. Dem ist vollumfänglich zuzustimmen.

In diesem Sinne wird aber auch die FDP Bayern nicht umhin kommen, den Wert ihrer Regierungsbeteiligung im Freistaat relativiert zu sehen und umgehend einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Bereits jetzt kristallisiert sich heraus: Der Bundestrojaner ist Bayer und die Angelegenheit hat ein ähnliches Potential wie die "Spiegel-Affäre".

Der Bayerntrojaner wurde hastig ausgesetzt. "Vorerst" wie der bayerische Innenminister betonte. Doch dieser Schritt ist wohlfeil. Herrmann kommt damit nur den Justizbehörden zuvor. Es fällt schwer, in einem (vorübergehenden) Verzicht auf eine verfassungswidrige Maßnahme ein Entgegenkommen zu erkennen. Die Verantwortlichen stehen mit dem Rücken zu Wand.

Sollten sich die Vorwürfe des CCC - wie angedeutet - auch nur im Ansatz bestätigen, müssen die verantwortlichen Minister zurücktreten. Mit dem besagten Trojaner wurde (vielleicht nolens volens) nicht weniger als ein polizeistaatliches Willkürinstrument geschaffen. Ein rechtlich nutzloses Instrument obendrein, denn Zusatzfunktionen, die Datenmanipulationen ermöglichen (und damit die Kreation falscher Beweise), entwerten jede mit dem Einsatz des Trojaners verbundene Ermittlung.

Das aber kann die Bürgerrechtspartei FDP keinem Koalitionspartner durchgehen lassen. Tut sie es doch werden die Liberalen - trotz dem sehr löblichen Dialog mit neuen Akteuren wie dem CCC - letztlich als Komplizen des faktisch konstatierten Verfassungsbruchs betrachtet werden. Es ist an der Zeit, über Grundsätzliches zu reden.

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Der Autor diente ab Anfang 2007 als Chief-of-Staff von Karl-Theodor zu Guttenberg in Berlin. Diesem folgte Brandenstein Ende 2008 als Leiter Strategie und Kommunikation in die Landesleitung der CSU. In dieser Funktion - verantwortlich für die Kampagnenführung der CSU - erstellte Brandenstein ein vertrauliches Strategiepapier, in welchem er gegen eine "Anti-Türkei-Kampagne" der CSU bei den Europawahlen 2009 Stellung nahm. Inzwischen ist Philipp von Brandenstein aus der CSU ausgetreten.

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