Das Mephisto - Prinzip

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Das Mephisto - Prinzip

von redaktion am 02.11.2011 09:22

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Das Mephisto - Prinzip

von polis-Gastautor Thomas de Torquemada


TdT

In jenem Drama, in jener Tragödie erster Teil, die neben dem Nibelungenlied mithin das deutscheste vom deutschen ist, wird schon darauf verwiesen,

„Ich bin der Geist der stets verneint! / Und das mit Recht; denn alles was entsteht / Ist werth daß es zu Grunde geht; / Drum besser wär's daß nichts entstünde. / So ist denn alles was ihr Sünde, / Zerstörung, kurz das Böse nennt, / Mein eigentliches Element."

und

»Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.«

Und urdeutsch wie dieses große Mißverständnis, was diese Ausgeburt der Hölle formuliert, ist auch das, was die Ausgeburten unserer gesellschaftlichen Eliten hervorbringen, ja man kann sagen, alles, was sie anpacken, geht schief, es klebt unserer Regierung insbesondere ganz offensichtlich die Scheiße an den Händen.

Die Welt scheint sich verschworen zu haben. Sie wollen doch stets das Gute, besonders unser moderner Dr. Faust, Frau Merkel, die Sinnsucherin in den Sturmwellen der Weltgeschichte. Und stets, was sie auch anpackt, verwandelt sich nicht in Gold, nein, im Gegenteil, in Mist. Liegt es an der bösen Welt? Oder muß man vielleicht ernüchtert konstatieren, daß es, gelinde gesagt, die eigene Naivität ist, die unsere faustischen Köpfe vom Regen in die Traufe taumeln läßt? Eine wirklich deutsche Tragödie, wenn man einmal Revue passieren läßt:

Nachdem man die friedensnobelpreisnobilitierte PLO von der Terrororganisation zum "verlässlichen Partner" befördert hatte, legte man den Palästinensern nahe, doch endlich einmal demokratisch zu wählen, was sie auch taten. Was war ihr Dank dafür? Sie wählten die Hamas.

Nachdem wir Afghanistan von den Taliban befreit hatten, brachten wir ihnen Mädchenschulen, Frieden, Wohlstand und einen Ziehsohn Mobutus, der statt Leopardenfell einen glitzernden Fimmel als formschöne Kopfbedeckung wählte, und legten ihnen nahe, demokratisch und frei zu wählen. Was war der Dank dafür? Der Ausgang der Wahl stand eigentlich von vornherein fest (immerhin, bei den Palästinensern war selbst das schief gegangen), die Welt wurde sehenden Auges mit afghanischem Heroin und Korruption überschwemmt, permanent sprengt sich jemand in die Luft, und man muß befürchten, daß das Chaos nach dem vielbeschworenen Abzug noch größer ist als vor dem Einzug.

Nachdem am Thahirplatz ein Geist wehte, beschwor man denselben in Form eines Frühlings, den man einen demokratischen Aufbruch lobte und verdammte Mubarak, dem man fünf Minuten zuvor noch als verläßlichem Partner die Hand geschüttelt hatte, als Despoten, forderte freie demokratische Wahlen und versprach Unterstützung. Was ist der Dank dafür? In Ägypten bleibt alles irgendwie beim Alten - zuvor verkappte Militärdiktatur, jetzt immer noch verkappte Militärdiktatur, allerdings mit dem kleinen Unterschied, daß die so gerne gesehene Verläßlichkeit entschwunden ist, stattdessen die israelische Botschaft gestürmt wurde und die schwelenden Religionskonflikte aufzuflammen drohen.

Nachdem man jahrzehntelang Tunesien als Urlaubsland und verläßliche Partner kennen- und schätzen gelernt hat, ohne sich an seinem korrupten Despoten mit Kontoverbindungen in aller Herren Länder der westlichen Welt zu stören, war man hocherfreut, daß der arabische Frühling endlich diesen quälenden Zuständen ein Ende bereitete und ergötzte sich an der freiheitlichen Demokratiebewegung, der man alle erdenkliche Hilfe zusagte. Und was war der Dank dafür? Sie wählten die Islampartei.

Nachdem man Libyen liebevoll in den Reigen der anerkannten Staaten wiederaufgenommen hatte, zuvor großzügig verzeihend und vergessend, daß von diesem Land schon einmal so etwas wie islamischer Terror ausgegangen war, daß sich in Lockerbie gar ein Jumbo in ein Dorf gebohrt hatte, daß es gewisse Verbindungen zur RAF gab; weil man nunmehr erkannte, daß es von Vorteil sei, Libyen zu den Freunden zu zählen, sei es wegen des Öls, sei es, weil Libyen das lästige Problem mit den Negerlein erst gar nicht nach Europa schwappen ließ, worauf ein beispielloser Zug von westlichen Politikern gen Süden ansetzte, die bereitwillig dem Revolutionsführer in den Steiß krochen; nach all dem war man dann doch froh, sei es durch aktives Handeln, sei es durch moralische Unterstützung (die laut außenministeriellem Expertenwissen erheblich zum Wandel beitrug) dem libyschen Volk dabei zu helfen, sich vom Quälgeist Gaddafi zu befreien und zu Freiheit und Demokratie zu verhelfen. Und was ist der Dank dafür? Sie wollen die Scharia einführen.

Nachdem man jahrelang mit Freuden begrüßt hat, daß im Land, wo die Zitronen blühen, in demokratischer Wahl eine Kreatur zum Regierungschef gewählt wurde, die diesen Posten dringend benötigte, um sein Medienimperium vor dem Untergang und sich selbst vor dem Gang in den Knast zu bewahren, seine Position nutzend, um den beiden bereits ineinander verschränkten nebeneinander existierenden Parallelgesellschaften - Zivilgesellschaft und Organisiertes Verbrechen - in seiner eigenen Person einen gemeinsamen Regierungschef zu geben, ein alter säftelnder Lemur mit einer kindischen Vorliebe zu minderjährigen, bezahlten Liebesdienerinnen, nachdem man diesen "Herren", der außer zum eigenen, nichts zum Vorteil des Landes an sich tat, stets mit Handschlag als seinesgleichen auf diversen Gipfeln begrüßte, obwohl man ihm zutrauen dürfte, sich, wenn denn sein verfaulter Kadaver denn endlich in den Tiber geworfen wird, mit den Worten Hermann Görings zu verabschieden: "Wenigstens zwölf Jahre gut gelebt", nach all dem also muß man die Zukunft wahrscheinlich nicht allein der Kindeskinder verpfänden, um für sein abgewirtschaftetes, mafiöses Land einen nie dagewesenen Rettungsschirm zu spannen. Und was ist der Dank dafür? Berlusconi erklärt, der Euro sei eh nichts vernünftiges gewesen.

Nachdem man die Griechen stets als Wiege der Demokratie bezeichnet hat, und allein das wohl der Grund war, wider besseren Wissens ihnen den Euro zu schenken, nachdem man dann sich selbst bis zum heutigen Tage in die Tasche gelogen hat, nein, man werde Griechenland nicht nur retten, sondern es auch noch können, nachdem man vor zwei Jahren alles vermieden hat, um die Wahrheit, daß Griechenland pleite ist, bei Worten zu nennen, seit zwei Jahren dann jeglichen Euphemismus hierfür aufgeboten hat, nachdem man seit zwei Jahren den Griechen als Gegenleistung ein seit 50 Jahren längst überfälliges Reformprogramm nunmehr in Form einer Roßkur aufzwang, eine Wiederholung von Brünings Deflationspolitik, wohlweißlich die Augen davor verschließend, daß das Eintreiben höherer Steuern bei gleichzeitiger Kürzung der Einkünfte den Teufelskreis der Rezession und steigender Verschuldung erst recht befeuert, oder wohlweißlich sehenden Auges den Griechen den Lebensatem mit dem Odium des Vorwurfs abwürgend, nachdem man nach zwei Jahren Echternacher Springprozession, Gezeters, inflationären Krisengipfeln, lamentieren um die Märkte, deren Diktatur und das Versagen der Politik, einer ins Kraut schießenden Begrifflichkeit a lá haircut, geregelte Staatsinsolvenz und sonstiger heißer Luft ohne durchdachtem Konzept auf den letzten Drücker sich versammelt, hat man endlich stolz den "Großen Wurf" vor der Welt und der Geschichte verkündet, einen Schuldenerlaß, der in Anbetracht der fortgeschrittenen Situation, der normativen Kraft des Faktischen, der Tatsache, daß Griechenland damit rein zahlmäßig auf den status quo ante, also den Schuldenberg zum Stande 2009 zurückbefördert wird, ein wenig wie nicht Fisch, nicht Fleisch wirkt, hat man einen Rettungsfond zum wirklich nunmehr letzten Mal aufgestockt, um einen Augenblick später selbigen auf das doppelte bis vierfache hebeln zu wollen, ein Vorgehen, das man gerade selbigen Augenblick zuvor den Urhebern alles Bösen, den Spekulanten, als Ursache allen Übels zum Vorwurf machte, das alles pseudodemokratisch durch Parlamente abgesegnet, deren Mitglieder kaum ahnten, über was sie eigentlich abstimmen sollten, oder unter den Druck gesetzt, allein zum Wohlfühlen des eigenen Gewissens den Untergang der Welt zu riskieren. Und was ist der Dank dafür? Der griechische Ministerpräsident Papandreou will das Volk darüber abstimmen lassen, ob es bereit ist, sich Schulden erlassen zu lassen, um im Gegenzug noch mehr zu sparen, wo die Schmerzgrenze des möglichen, so oder so, längst überschritten ist, wahrlich ein an sich durchaus häres Vorhaben, das dem Ursprungsgedanken der Wiege der Demokratie durchaus würdig ist, jedoch ein wenig verspätet erscheint und, nachdem zwei Jahre des Ringens ins Land zogen und zwei Wochen Dauergipfels wie der Berg kreisten, um eine neue, in die Kleider eines Elephanten gekleidete Maus zu gebären, mit wenigen Worten zu einem reichlich späten Zeitpunkt die mit stolzgeschwellter Brust verkündete Quadratur des Kreises wie einen albernen Scheiß aussehen zu lassen, wobei man durchaus die Frage stellen darf, ob nur Papandreou allein mit seiner plötzlichen Eingabe so allzusehr verspätet kommt, oder der Rest der Versammlung nicht auch sich den Vorwurf gefallen lassen muß, das alles mit klarerm, kühlerem Verstand, zugleich aber auch Mut vor zwei Jahren bereits abgewendet haben zu können.

Müßig.

Es ist wirklich tragisch. Da haben wir zum ersten Mal eine Frau als Kanzlerin. Ja - da gibt es doch tatsächlich zum ersten Mal einen Schwarzen auf dem Throne der USA, dem man, als er sich anschickte, selbigen zu besteigen, gar messianische Kräfte nachsagte, kurz davor, den Nachweis zu führen, er könne wohl auch über das Wasser wandeln, der bereits den Friedensnobelpreis erhielt, als er noch gar nicht wußte, wieviele Kriege es eigentlich zu beenden galt. Da haben wir, was unsere eigenen Ideale anbelangt, wirklich alles richtig gemacht, das Goldene Zeitalter ganz offensichtlich erreicht und Politiker, ja Eliten hervorgebracht, die mit Vorschußlorbeer überhäuft dem entsprachen, was wir uns als perfekteste Utopie kaum zu erträumen wagten. Und trotzdem zerrinnt es wie Sand zwischen den Fingern.

Wir werden wahrscheinlich in die Geschichte eingehen als das "lächerliche Zeitalter". Als die Zeit der maßlosen Selbstüberschätzung und Hybris. Vollgefressen mit Besserwisserei, ausgezogen, die Welt mores zu lehren und gescheitert an unseren eigenen Ansprüchen, weil - wie typisch Deutsch, wie Faustisch - es uns wie unserem literarischen Vorbild Faust an einem fehlte, was wir wie er bitter neu erlernen müssen: Demut; und wir eines gemeinsam haben mit den anderen Helden unseres eingangs erwähnten Nationalepos, den Nibelungen: tragische Verblendung.

Und so wird es wohl eines Tages der Mephistopheles des überlegenen Wissens der nachgeborenen Generationen sein, der uns, wie wir unseren Vorgängern, zuruft: "Gewogen und für zu leicht befunden!"

 

 

Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.11.2011 09:23.

polis
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Re: Das Mephisto - Prinzip

von polis am 02.11.2011 09:44

der schachtelsatz, der schachtelsatz ... das ist ein schatz der lasterschaft ... oder so ähnlich .... nichtsdestotrotz, quatsch: deshalb! : ein TdT der "muss"-klasse.

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