Der Missbrauch

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Der Missbrauch

von redaktion am 12.05.2011 12:37




Der Missbrauch
von FranK Happel


Frank Happel

Wer schützt die Berliner Philharmoniker vor Christian Thielemann?

Christian Thielemann ist Dirigent. Er ist der zurzeit bekannteste lebende deutsche Dirigent. Er ist ein deutscher Dirigent. Darauf legt er selbst den allergrößten Wert. Er gefällt sich ebenso in der Rolle des Konservativen mit ausgeprägten preußischen Tugenden. Er beschreibt deren Übertragung in seine musikerzieherische Arbeit als seinen originären Arbeitsstil. Nicht wenige Musikkritiker erkennen und monieren diese Haltung als Wesensmerkmal seiner musikalischen Handschrift. Da wird selbst ein Wagner epischer, an anderer Stelle marschmusikalischer als denn komponiert. Die Kunst des Thielemann liegt in der Interpretation/Übertragung einer konservativen Daseinsbetrachtung auf musikalische Vorgaben.

So, erwähnte Kritik sich diesbezüglich formuliert, gibt es doch andererseits immensen Zuspruch. Im Feuilleton, der dem Metier zugewandt üblichen Medien. So gelangt „so einer“, ausgestattet mit unverdächtiger „Jugend“ und unbestritten überdurchschnittlich-handwerklichem Talent, besagten Tugenden und konsequentem Repertoire in seine Position. Der derzeitige Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker wird in Kürze nach Dresden wechseln. Er ist und bleibt(?) ein „Top-Five“- Gastdirigent der Berliner Philharmoniker. Hier, in Berlin, hat Christian Thielemann freie Programmwahl. Und das ist das Problem.

Geschehen in Aufführung von insgesamt drei Strauss-Abenden (05./06.07. Mai) in Berlin, mit den Philharmonikern unter der Leitung von Christian Thielemann. Ein jeweils ganzer Abend, gewidmet dem Komponisten Richard Strauss. Ehre, wem Ehre gebührt?


Strauss / Goebbels

Richard Strauss. Ein Vorzeigekünstler der nationalsozialistischen Kulturmaschinerie. Ein Egomane, ein Scheuklappenmitläufer, mit latentem Antisemitismus. Ein die Nähe der Mächtigen Suchender, ein Opportunist, ein „naiver“ Ignorant - ein zu Beginn des Tausendjährigen Reiches, seinen Zenit überschritten habender Hochbegabter. Unbestritten in seinem künstlerischen Gesamtwerk. Hochumstritten in seinem menschlichen Verhalten, seiner freiwilligen Hinwendung zu den Mächtigen des Nazi-Regimes. Dafür gibt es viele Belege. Hervorgehoben: Seine Freundschaft zu Hans Frank, Generalgouverneur von Polen, einem der blutrünstigsten Nazi-Mörder überhaupt, dem „Schlächter von Polen“. Diesem Hans Frank schrieb Richard Strauss 1943 ein Dankeslied.

Klaus Mann besuchte Richard Strauss kurz nach Kriegsende in dessen Garmisch-Partenkirchener Villa und schildert:

Die Naivität, mit der er sich zu einem völlig ruchlosen, völlig amoralischen Egoismus bekennt, könnte entwaffnend, fast erheiternd sein, wenn sie nicht als Symptom sittlich-geistigen Tiefstandes so erschreckend wäre. Erschreckend ist das Wort. Ein Künstler von solcher Sensitivität - und dabei stumpf wie der Letzte, wenn es um Fragen der Gesinnung, des Gewissens geht! Ein Talent von solcher Originalität und Kraft, ein Genie beinah - und weiß nicht, wozu seine Gaben ihn verpflichten! Ein großer Mann - so völlig ohne Größe! ...“


Thielemann widmet also, per Option der freien Programmwahl, einen kompletten Abend mit den Berliner Philharmonikern, diesem Komponisten. Warum? Es gäbe durchaus rein künstlerisch-ästhetische Argumente. Darauf beruft sich Thielemann inzwischen auch. Warum steht aber dann auf dem Programm, auch noch zur Eröffnung, der Blechbläserchoral namens "Festmusik der Stadt Wien" – offeriert dem Statthalter Wiens, Baldur von ¬Schirach, uraufgeführt 1943, am 5. Jahrestag des Anschlusses der Stadt (und Österreichs) an "Großdeutschland"? Ein „Werk“ das einhellig von Kritik und fachkundigem Publikum als allerhöchstens zweitklassig einzuordnen ist. Und ebenfalls zweitklassig, zum Abschluss des Konzerts: „Ein festliches Präludium“ u.a. gespielt von den Philharmonikern 1943, im Rahmenprogramm zu Hitlers Geburtstag.

Solcherlei Programmwahl kann nicht unwidersprochen bleiben. Es regt sich Widerstand und Empörung unter Konzertbesuchern und selbst aus den Reihen der 'Freunde der Berliner Philharmoniker e.V' kommen kritische Beiträge. Dass Thielemann auch im Hause selbst, als Dirigent und Persönlichkeit nicht unumstritten ist, dringt ebenso verstärkt nach draußen. Der von Susanne Stähr verfasste Programmbegleittext, in dem die Rolle des Komponisten im dritten Reich und seine Nähe zu Nazi-Größen beschrieben wird, soll beim Meister einen Wutanfall verursacht haben.

Die Berliner Philharmoniker haben in geradezu vorbildlicher Weise, hoch anerkannt, ihre Verstrickungen in den Nazi-Propagandaapparat aufgearbeitet und dokumentiert. „Das Reichsorchester“, als Buch und Filmdokumentation sind qualifizierte Belege. Es ist wesentliche Voraussetzung für das deutsche Vorzeigeorchester, eines der besten der Welt, mit entsprechendem Anspruch an sich selbst, dass eine solche Aufarbeitung international anerkannt wird. Der Ruf der Philharmoniker, als ein Aushängeschild Deutschlands in die Welt, wird mit Durchführung eines solchen Konzertabends gefährdet.

Thielemann, dem der Ruch antisemitischer Äußerungen und teutschtümelndem Kulturverständnisses, nach wie vor anhängt, schadet mit seinem unverhüllten Gebaren dem Orchester, der Stadt und dem internationalen Ansehen des Landes.

Ein Konzertabend alà Thielemann verhält sich kontraproduktiv zum mühsam Erreichten. Er mutet mit seinem Dürfen, dem Anspruch und berechtigtem Wollen des Berliner Musikbetriebes, eindeutig zu viel zu.

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Frank Happel
ist Gründer und Chefredakteur von polis-forum für demokratie.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.05.2011 12:53.

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Re: Der Missbrauch

von redaktion am 12.05.2011 17:17

weitere infos zum thema:

so fing das an ... ulrich kasparick geht mal wieder zu den philharmonikern:

http://www.p-ffd.de/forum/t.10679822-lieder_laerm_und_lustigkeit_ndash_goebbels_bei_den_philharmonikern.html#10679822

Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.05.2011 17:23.

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Re: Der Missbrauch

von redaktion am 12.05.2011 17:20

ud so entwickelt sich das weiter:

vor allem zur entlastung von frau stähr!

http://www.p-ffd.de/forum/t.10712756-berliner_philharmoniker_und_richard_strauss_ndash_etwas_zum_thema_bdquokunst_und_nationalsozialismusldquo.html

Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.05.2011 17:24.

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