Ein paar sehr unbequeme Fragen – was tut die Armee eigentlich wirklich in Afghanistan?

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Ein paar sehr unbequeme Fragen – was tut die Armee eigentlich wirklich in Afghanistan?

von redaktion am 19.02.2011 14:35




Ein paar sehr unbequeme Fragen – was tut die Armee eigentlich wirklich in Afghanistan?
von polis-Gastautor Ulrich Kasparick



Der Generalsekretär der NATO Jaap der Hoop Scheffer selbst wusste nichts von der „größten Militäraktion seit dem Vietnamkrieg„.
Das lese ich in einem Text der „WELT“ am 19. Februar 2011. Die Rede ist von einer Kommandosache im Jahr 2009.

Pause. Ich halte inne.
Der NATO-Chef selbst wußte nichts……

Ich frage mich: was läuft hier eigentlich?
Wer veralbert hier eigentlich wen?
Wie tief stecken die deutschen Soldaten, die ja Teil des Bündnisses sind, eigentlich mit drin in diesem Sumpf aus Uninformiertheit und PR-Nebelkerzen a la Guttenberg nebst embedded Journalist?

Klar ist: das Militär sagt längst nicht alles, was tatsächlich passiert. Soldaten, die dennoch kritisch informieren, bekommen selbst große Probleme, wie dieser Text der Südwest-Presse zeigt.
Nehmen wir das Beispiel KSK. Über diese sehr besondere Truppe hatte ich kürzlich ein paar kritische Fragen gestellt.
Zu zweit hatten wir uns aufgrund dieser unbequemen Fragen an Abgeordnete des Deutschen Bundestages gewandt.
Ich wollte wissen: was wußten die Abgeordneten zur Zeit der Abstimmung über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats über die KSK und die eventuelle Zusammenarbeit der KSK mit der mysteriösen Task Force 373?
Die beiden SPD-MdBs, die ich noch als „gut informierte Kollegen“ kannte – wußten nichts.
Die Nachfrage bei einem als sehr kritisch bekannten MdB der Grünen-Fraktion ergab: solche Informationen hätten „nur die Vertrauensleute“: In der Antwort heißt es:

„Über die Tätigkeit des KSK in Afghanistan werden nur die Obleute des
Verteigungsausschusses näher informiert.
Uns wurde lange Zeit gesagt, daß das KSK an Kampfeinsätzen nicht beteiligt
ist, sondern im Wesentlichen zur Beobachtung eingesetzt wird.
Über die Tätigkeit von US-Sondereinheiten erhalten wir fast gar keine
Informationen, auch wenn sie im deutschen Verantwortungsbereich
stattfindet.Angeblich ist die Bundeswehr über Einzelheiten auch nicht
unterrichtet.

Mit freundlichem Gruß….“

Eine solche Antwort ist ja wohl ein Witz.
Denn die Dinge standen ja schon in der Zeitung.
Der „Spiegel“ hatte eine ausführliche Reportage über die amerikanische Task Force 373 und auch über die deutsche KSK gebracht, wie ich in meinem blog schon geschrieben hatte (link weiter oben).

Ich halte fest:
offensichtlich wussten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zur Zeit der Abstimmung über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats nichts.
Sie wußten nichts über die Einsätze der deutschen KSK; sie wußten nichts über die Einsätze der amerikanischen Task Force 373. Sie wußten nichts über eine Zusammenarbeit beider Kommandos im deutschen Zuständigkeitsbereich in Nordafghanistan.

Im Grunde wundert mich dieser harte Befund nicht.
Denn, wenn selbst der Generalsekretär der NATO nichts wußte von der „größten Militäraktion seit dem Vietnamkrieg“, dann braucht man sich im Grunde im Parlament nicht zu erkundigen.

Da wurde also vom deutschen Parlament die Verlängerung eines Mandates beschlossen, ohne daß die Abgeordneten wußten (und wissen), worum es eigentlich geht.


Das halten wir mal fest.
Ich schreibe diesen blogbeitrag am 19. Februar 2011. Heute kam die traurige Nachricht, daß drei deutsche Soldaten in ihrem eigenen Camp von einem afghanischen Soldaten getötet wurden. Da hat ein Soldat seine Ausbilder getötet. Was geht da eigentlich vor in der Region Kunduz und in den anderen Regionen des Landes?

Sie sagen uns nicht die Wahrheit. Soviel ist gewiß.
Denn sie informieren ja nicht mal die eigene politische Führung der NATO.…..
Und das Gerede davon, daß die Soldaten „die Sicherheit der Entwicklungshelfer“ gewährleisten, erweist sich als das, was es ist: eine Zwecklüge.
Denn – und das haben ausführliche Recherchen und Telefonate mit Entwicklungshelfern ergeben: „die Soldaten können unsere Sicherheit nicht schützen“.

Es zeigt sich immer deutlicher: dieses Mandat hat nichts mehr mit „Verteidigung“ zu tun. Dieses Mandat führt zu immer mehr Toten und Verletzten, insbesondere Zivilisten. Dieses Mandat führt zu immer größerem Widerstand im Land. Nun erschießt sogar ein afghanischer Soldat drei seiner Ausbilder….

Es ist höchste Zeit, daß die Armeen der Allianz Afghanistan verlassen.
Es ist höchste Zeit, daß die Nationen endlich mit einem wirklichen zivilen Aufbau des Landes beginnen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 19.02.2011 15:36.

polis
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Re: Ein paar sehr unbequeme Fragen – was tut die Armee eigentlich wirklich in Afghanistan?

von polis am 19.02.2011 15:57

Das Miese an diesem Thema ist dieses schlimme Gefühl das mich beschleicht, ohne es, bislang, belegen zu können. Ein Gefühl das tatsächlich mit meiner Rationalität korrespondiert. Es ist für mich um so logischer, als denn die „Verantwortlichen“ dieses Thema mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen zu deckeln. Was? Jetzt muss ich spekulieren. Aber: ich behaupte, weil ich zu Wissen glaube, dass die Bundeswehr (KSK) zusammen mit der ebenso ominösen amerikanischen Task-Force 373 gemeinsame Killerspiele in Afghanistan veranstaltet. Ja! Ich würde es gerne genauer wissen. Ich würde mich genau so gerne irren. Dazu brauche ich aber Informationen. Bislang habe ich diese leider nicht. Wir, Ulrich und ich, bemühen uns seit ein paar Tagen um diesbezüglich mehr. Um festzustellen, dass die die es eigentlich wissen müssten, unsere Abgeordneten – die Bundeswehr ist nach wie vor eine Parlamentsarmee – offensichtlich nichts wissen! Sich auch nicht bemühen um „mehr Wissen“. Nichts wissen wollen! Wie sonst ist eine Mandatsverlängerung durch den Bundestag zu erklären, welche, sollte es so sein, ob der unbekannten, illegalen Aktionen der KSK, so niemals erteilt werden dürfte! Unsere Abgeordneten verlängern den Krieg der Bundeswehr in Afghanistan ohne notwendige Informationen über das tatsächliche Geschehen und Tun aller dort aktiven Truppenteile. Das ist ein Skandal! Wem ist diese Ignoranz unserer Volksvertreter geschuldet? Ihrem „Besserwissen“, ihrer komplexen Einsicht in Zusammenhänge, deren Qualität, Umfang und Konsequenzen „wir“ nicht in der Lage sind zu folgen? Lächerlich. Unsere Recherchen zeigen eines auf jeden Fall. Sie wissen nichts – oder sie wollen nichts wissen. Das! Ist keine akzeptable Grundlage Kriegseinsätze zu verlängern, überhaupt zu mandatieren!
Man kann dieses Thema nicht auf sich beruhen lassen. Es wird zu viel von dem tangiert was uns alle im Zusammenhang mit diesem Krieg beschäftigt. Es kann nicht sein, dass 70% der deutschen Bevölkerung eine Weiterführung des Krieges in Afghanistan ablehnt und unsere Abgeordneten in Berlin auf Grund von Ignoranz und intransparenten, undemokratischen Gründen, inklusive eigenem, ihrer Bequemlichkeit geschuldetem Unwissen, diesen Krieg weiterführen. Ja! Nicht „wir“ führen diesen Krieg, sondern „unsere“ parlamentarischen Vertreter. Gestern sind weitere drei Bundeswehrsoldaten in Afghanistan getötet worden.

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