Die hysterische Republik

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polis
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Die hysterische Republik

von polis am 28.12.2011 18:29

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Die hysterische Republik
von polis-Gastautor Thomas de Torquemada


TdT

Es ist die Zeit der Ansprachen, ergo geht das Jahr zur Neige. Der Herr Wulff hat bereits zum Weihnachtsfeste dazu gemahnt, feste und eifrig die Demokratie zu verteidigen und ist dabei seinem inoffiziellen Wappenspruch, Wasser zu predigen und Wein zu saufen, offensichtlich treu geblieben. In seinen Augen wird unser Staat in seinen Grundfesten von zwei bis drei Verrückten nebst unbestimmter Anzahl von geistig schlichten, unterstützenden Gemütern erschüttert, von welchen sich zwei gleich selbst ins Jenseits beförderten, als erstmals überhaupt öffentlich bekannt zu werden drohte, daß sie mit ihren Taten versuchten, eben diese Grundfesten zu erschüttern. Wie stark oder schwach ist unser Gemeinwesen, wenn es bereits wackelt, sobald drei Gestalten, die ähnlich wirken wie der paranoid - schizoide Anders Behring Breivik, damit auffliegen, clamheimlich, sozusagen zur autoerotischen Befriedigung ihrer eigenen Machtgeilheit, auf Mordstour gegangen zu sein, ohne daß bis zu ihrer eigenen Flucht ins Jenseits der interessierte Beobachter je ahnen konnte, daß hinter den Mordstaten mehr stehen sollte, nämlich irgendeine politische Absicht, das Dritte Reich, zweiter Versuch, zu errichten. Hätte das "Paulchen Panther" - Video die Selbstsprengung nicht zufällig unbeschadet überstanden, hätte man, mit Ausnahme vielleicht diverser Verfassungsschützer, nie erfahren, daß der Nationalsozialistische Untergrund hier am Werke war. Ganz abgesehen davon, daß gerade dieses Video doch nun wirklich belegt, wes Geistes Kind die Erschütterer der Weltordnung waren: bösartige, aber in letzter Konsequenz alberne Kinder.

Nun ja, Ihro Durchlaucht hatte ein salbungsvolles Thema für die hären Worte zum Weihnachtsfest gefunden, konnte den Goliath vor der Bedrohung durch ein Davidchen warnen. Nun steht uns noch die Neujahrsansprache unserer geliebten Bundeskanzlerin bevor, welcher wir mit Spannung harren. Was war das damals für eine Aufregung, als des Herrn Kohl Ansprache des Vorjahres nochmals gesendet wurde. Heute würde sich wohl kaum jemand noch daran stören, da das Jahresendgeschwätz wie jedes politische Kauderwelsch eh derart austauschbar ist, daß es niemandem auffiele, wenn es sich nochmals wiederholt. Ganz abgesehen davon, daß in personam Merkel nicht einmal die Krawatte eine Chance böte, auf Vergangenes zurückzuschließen, zumal ihre Garderobe in ihrem Schnitt wie ihrer Varianz an diejenige einer Comicfigur gemahnt. Sprich, man kann hier durchaus vom Äußeren einmal auf das Innere schließen und trifft in beiderlei auf einerlei Einfaltslosigkeit.

Wenn aber die höchste moralische Instanz unserer Nation, der von der Verfassung ausgelobte, säkulare Papstersatz Wasser predigt, so sollte er sich einmal des Weines bewußt werden, den er säuft. Nicht ein paar verquere Spinner sägen am Stamm unserer Welt, sondern die Köpfe des Fisches, der stinkt, am Ast auf dem sie sitzen.

Betrachte man die seltsamen Verstrickungen, in welche sich Meister Wulff begeben hat, bevor er dort oben installiert wurde, einmal nüchtern, so bleibt an sich wenig skandalöses: Wohl im Rahmen seiner Scheidung formidabel über den Tisch gezogen brauchte er Geld - wem geht das in solchem Falle nicht so - und besorgte es sich, aus welchen Gründen auch immer - Finanzkrise? - bei der Frau eines Freundes, die es eventuell für ihren Ehemann weiterreichte. Und wenn man es zinsgünstig kriegt, ei warum nicht: Schließlich borgen sich die klammen Banken auch 500 MRD. Euro bei der EZB zu einem Prozent und legen es gleich wieder bei der EZB zu 0.25% an. Marktüblich ist das auch nicht. Dann macht er Urlaub bei Herrn Maschmeier und zahlt sogar dafür. Macht man Veronica Ferres einen Vorwurf, daß sie bei Herrn Maschmeier nicht nur Urlaub macht und keineswegs direkt dafür bezahlt wird? Kann sie deshalb noch schlechter schauspielern als zuvor? Zuletzt wirft er seine rechte Hand hinaus, der wohl ähnlich gerne Urlaub bei und mit Freunden machte, wie sein Herr selbst. Als Guttenberg Staatssekretäre, Generalinspekteure und Kapitäne verscheuchte, die ebenso den Kopf herhalten mußten, hat man den Baron dafür sogar noch gelobt.
Ach wie ungerecht die Welt doch ist. Was hat man früher nicht alles verziehen? Schäubles 100.000 DM in der Schublade, Kohls wiederholte Problem mit Parteispenden, Kurt Becks Erfindung des Schwarzen Loches am Nürburgring, und Gott sei´s gedankt ist bei Franz Josef Strauß gar nicht erst alles nach oben gequollen, was man verzeihen müßte.

Wir leben in einer hysterischen Republik. Offensichtlich ist das Volk ein bißchen überreizt. Das liegt vielleicht am vielen Fernsehn, am fetten, griechischen Essen, am Wohlsstandsbauch und all den komplizierten Dingen, die einem zum Stichwort Finanzkrise um die Ohren fliegen. Man weiß ja gar nicht, ob sie schon vorbei ist, wie es nach jedem der vier oder fünf EU-Gipfel in diesem Jahr hieß, oder der Weltuntergang erst noch bevorsteht, wie es die Mayas prophezeiten. All die schwere Kost verdrängt man besser und frißt den Frust weiter in sich rein, was auch gut für den Weihnachtsumsatz ist. So ist die causa Wulff doch letztlich nichts anderes als die Reaktion eines empfindlich gewordenen Magens auf eine Überfütterung mit Problemen, Krisen, und Gefahren, die der einfach gestrickte demokratische Magen schlicht nicht mehr verdauen kann. Sozusagen ein staatsbürgerliches Sodbrennen, das sich hier und da mittels politisch korrekten Rülpsens Luft verschafft. Denn letztlich wurde dieser Magen ja erst durch das überreiche Angebot an Skandalisierung überreizt, welches die vielen Köche am Brei bereiteten, zu denen der derzeitige chef de cuisine, aber auch das Heer jeglicher politischer Couleur ebenso, gehört. Wenn die wahren Probleme zu schwer wiegen, Verstopfung droht, muß es eben zum anderen Ausgange in Form heißer Luft heraus.

Und so ergeifert sich das hysterisierte Publikum an menschlich, allzumenschlichen Fehltritten, überzüchtet, überreizt, da es die Welt nicht mehr versteht und von denjenigen, die sie erklären sollen, nicht mehr erklärt bekommt, stattdessen allenthalben moralisierende politische Korrektheiten vorgebetet erhält und dort, wo es wichtiges zu entscheiden gäbe, außen vor bleibt und Vorlieb nehmen muß mit der Erklärung, das nun sei allerdings zu kompliziert. Wenn aber stets und überall von jedermann die politische Korrektheit, der persönliche Perfektionismus in Beruf, Familie, ja in allen Lebenslagen abverlangt wird, demgegenüber aber außer solchen Oberflächlichkeiten der Welten Probleme als zu komplex für des einzelnen Verstand und Volkes Wille dargestellt wird, bleibt nichts anderes übrig, als sich empört moralgeschwängert auf Kinkerlitzchen zu stürzen, statt sich um wirklich Wichtiges den Kopf zu machen. Die durch politische Kreaturen wie Wulff angeregte Selbstentmündigung des Wahlviehs sucht sich sodann den Weg, der übrig bleibt, auf den gesäten Sturm mit den Winden des überfütterten politischen Magens zu reagieren und diese, hysterisch auf dessen Verfehlungen reagierend, unserem Staatsoberhaupt als Antwort ins Gesicht zu blasen.

Sie predigen uns das Wasser des Gutmenschen, des stets korrekten, aufrichtigen, der mit Empörung auch auf nur verbale Angriffe gegen unser Wolkenkuckucksheim reagiert, der stets fromm und andächtig, überzeugt und folgsam nachbetet, was an Dogmen verkündet wird, den Glauben daran, daß sie uns die Verantwortung abnehmen, uns leiten und führen durch die Stürme der Zeit und wir ihrem Vorbilde gehorsam nachzufolgen haben wie die Lemminge, und saufen den Wein, in ihrer Rolle jeglichen, auch nur so kleinlichen, dämlichen Vorteil mitzunehmen, solange sie nicht erwischt werden.
Lieber Herr Wulff, liebe Frau Merkel, was auch immer sie am Jahresende predigen, ich danke Ihnen hierfür

mit schwäbischem Gruß.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 28.12.2011 18:30.

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