Atomausstieg konkret

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polis
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Atomausstieg konkret

von polis am 19.04.2011 15:41



Berlin, 19.04.2011 (rdp).

„Der Ausstieg aus der Atomenergie ist machbar und es kann sehr schnell gehen.“
Olaf Brokate beschreibt in seinem polis-Gastbeitrag den möglichen, notwendigen und schnellen Ausstieg aus der Kernenergie. Machbar, bezahlbar und wirtschaftlich hochattraktiv. Das Richtige tun - mit dem Know-how des Praktikers und Visionärs. Atomausstieg: „MADE IN GERMANY“.


Atomausstieg konkret
von polis-Gastautor Olaf Brokate



Der Ausstieg aus der Kernenergie ist machbar und es kann sehr schnell gehen.
Sicher sind dazu einige Maßnahmen erforderlich, damit wir nicht plötzlich zu einem
Stromimportland werden. Auch zu berücksichtigen ist, dass der Stromverbrauch
durch den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen und Elektromobilität steigen
wird. Doch auch diese Tatsachen machen aus dem Ausstieg kein Horrorszenario!
Jeder einzelne Bürger, die öffentliche Hand und jedes Unternehmen kann und muss
jedoch zum Gelingen des Ausstiegs selbst entscheidend beitragen. Warten auf „die
Anderen“ können wir uns nicht leisten.

Energieeffizienz

Eine zentrale Aufgabe kommt der Steigerung der Energieeffizienz zu. Am Beispiel
eines 2010 realisierten Projektes lässt sich sehr gut veranschaulichen, wie einfach
und wirtschaftlich attraktiv Energiesparen sein kann. Für die Umsetzung unseres
Energiekonzeptes bekam die edding AG kürzlich den „Energy-Masters-Award für
Energieeffizienz im Mittelstand“ verliehen. Es wurde eine ganze Reihe von sich
ergänzenden Maßnahmen im Rahmen der Optimierung realisiert. Insgesamt wurden
ca. 300.000€ investiert. Aufgrund der Endenergieersparnis von ca. 45% wird die
Amortisationszeit weniger als 6 Jahre betragen - Umweltentlastung ca.230 to CO2/
a. Die meisten der realisierten Optimierungsbausteine lassen sich auch auf andere
Objekte übertragen.



Parallel zu den Arbeiten an der Wärmeversorgung erfolgte die Umrüstung der
Beleuchtung auf T5- und LED-Systeme.

Es sollten zuerst die Verbraucher optimiert werden, die viele Stunden im Jahr
in Betrieb sind. Das betrifft in allen Immobilien die Heizungsanlage mit den
dazugehörigen Pumpen. Richtig dimensionierte und eingestellte Anlagen laufen
gleichmäßiger und mit geringerer Leistung. Überdimensionierung kostet nur Geld
und bringt keinerlei Vorteile für den Nutzer.
In Wohngebäuden kommen vor allem die Kühl- und Gefrierschränke hinzu.
Im Bürobereich die IT, aber erstaunlich oft finden
sich auch dort heimliche Stromfresser wie z.B. Getränkeautomaten, Kühlschränke
und Dauerbeleuchtung auf Fluren. Dabei kann nahezu jedes elektrische Gerät
nach Bedarf (Zeit oder Präsenz) abgeschaltet werden. Im Gewerbebereich sind
es neben den Heizungsanlagen und -pumpen oft Druckluftkompressoren, die viel
Strom verschwenden. Nicht zu vergessen sind in den Industriehallen aber auch
die Umlufterwärmer. Diese verlieren nicht nur viel Wärme, die Ventilatoren sorgen
gerade im Winter für erhebliche Lastspitzen und vermeidbare Stromverbräuche.
In der Industrie wird leider auch die Pflege der Beleuchtung meist vernachlässigt.
Verstaubte Reflektoren werden nicht gereinigt, sondern es werden zusätzliche
Leuchten oder Leuchtmittel mit mehr Leistung eingesetzt. Wenn nun jemand gerade
über den Austausch von Leuchtmitteln nachdenkt, sollte möglichst in LED-Technik
investiert werden. Diese ist nicht nur sparsamer als Kompaktleuchtstofflampen, LED
weisen auch eine längere Lebensdauer auf und enthalten kein Quecksilber. In der
Industrie muss auch geprüft werden, ob Abwärme genutzt werden kann, um damit
Strom zu erzeugen. Viele weitere Maßnahmen sind individuell betrachtet ebenfalls
sinnvoll.

Ein weiterer Baustein zur Verringerung des Stromverbrauches ist das sogenannte
Energy-Harvesting. Hierbei werden dezentral benötigte kleine Strommengen
durch die Nutzung in der Umgebung vorhandener Möglichkeiten produziert. Dies
können z.B. Fühler sein, die ihre Betriebsspannung aus einer Temperaturdifferenz
elektrochemisch erzeugen, ebenso Schalter, die einen Stromimpuls aus der
Schalterbewegung generieren, oder Nachtleuchten mit einer PV-Zelle. Hier sind viele
innovative Ansätze in der Entwicklung, die in den nächsten 5-10 Jahren den Markt
erobern werden und weitere Effizienzpotentiale erschließen werden.

Durch die Steigerung der Energieeffizienz lässt sich der aktuelle Stromverbrauch
binnen 5 Jahren um ca. 10% reduzieren. Wichtigstes Hemmnis ist bisher
mangelnde objektive Information. Ein Handwerker leistet in der Regel gute
Arbeit auf seinem Gebiet, aber mit einer Gewerke übergreifenden Analyse und
Empfehlungen, die mögliche Synergieeffekte für den Kunden berücksichtigt,
ist er in der Regel überfordert. Gerade Inhaber kleinerer Unternehmen und
auch Eigentümergemeinschaften zeigen sich hier leider nach wie vor relativ
beratungsresistent. In einigen Fällen begegnen uns leider auch immer noch
Verantwortliche, die Investitionsentscheidungen zu kurzsichtig treffen. Hier muss
dringend die Aufklärung verstärkt werden. Auch die Förderung der Energieberatung
und Zuschüsse zur Umsetzung gezielter Energiekonzepte könnten verbessert
werden, um schneller voran zu kommen.

KWK

Gerade in Gewerbeobjekten, caritativen Einrichtungen und im
Geschosswohnungsbau mit zentraler Trinkwassererwärmung ist es in der Regel
attraktiv Kraftwärmekopplung einzusetzen. Zur Kühlung gibt es die Möglichkeit der
Kraftkältekopplung als Alternative zu konventionellen Kühl- oder Klimaanlagen. Die
Auslegung sollte jedoch nicht von einem Hersteller anhand des Verbrauchs erfolgen,
sondern von einem Planer, der den exakten Bedarf errechnet und die bestehende
Anlage analysiert. Sonst kommen die Anlagen nicht auf die erforderlichen
Betriebsstunden, um auch für den Betreiber wirtschaftlich zu sein. Im Bereich der
kleineren Objekte und Einfamilienhäuser müsste unbedingt auf Nahwärmekonzepte
gesetzt werden. Die Einzelheizungen in diesen Objekten sind in der Regel
überdimensioniert und dadurch ineffizient. Gerade im Neubau oder sanierten
Wohnungsbau ist die Leistung der reinen Heizgeräte oft gar nicht klein genug
wählbar, da sich die Anlagenauslegung nicht mehr nach dem Heizbedarf, sondern
nach kurzfristigem Trinkwarmwasserbedarf richten muss.
Provokant gesprochen: „Gasetagenheizung und Einzelbeheizung von Einfamilienhäusern
gehören eigentlich verboten“. Ein Nahwärmekonzept kann mit KWK dezentral

Grundlaststrom erzeugen und optimal dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden.
Ferner reduziert eine Nahwärmeversorgung die Wartungskosten, reduziert die
erforderlichen Instandhaltungsrücklagen und auch die erforderlichen
Investitionskosten bei Neubau oder in der Sanierung. Es ist also viel effizienter und
spart den Nutzern auch noch Geld. Wer sanieren will, kommt mit einem
Nahwärmebezug darüber hinaus deutlich leichter an die Förderkredite der KfW mit
höherem Zuschussanteil, da es einfacher ist den höheren „Effizienzhaus-Standard“
zu erreichen.

Durch KWK ließen sich innerhalb von 5 Jahren weitere ca. 10% des aktuellen
Strombedarfes decken. Der Ruf der KWK ist leider in den letzten Jahren etwas
strapaziert worden, da gerade in Privathaushalten Geräte verkauft wurden, ohne
dass zuvor eine vernünftige Planung erfolgte. Diese Geräte laufen dann leider zu
oft für den Betreiber unwirtschaftlich. Auch hier wäre eine Aufklärungkampagne
und Beratungsförderung sehr hilfreich, um den KWK-Anteil schneller ausbauen zu
können.

Zwischenfazit


Wenn man die Effizienzpotentiale und die KWK binnen 5 Jahren konsequent nutzen
würde und den Produktionsüberschuss der letzen Jahre hinzurechnet, könnte
die Kernenergie alleine dadurch vollständig und ohne negative Einflüsse auf die
Stromversorgung ersetzt werden. Wenn man bedenkt, dass diese Investitionen zu
einem Großteil der Wertschöpfung in unserem Land zu gute kommen und damit die
staatlichen Steuereinnahmen steigern, kommen wir tatsächlich zu einer
Win-Win-Win-Win-Situation.

1. Die Renditen durch die Ersparnis kommen den Nutzern zu gute und liegen
bei einem Zeit- bzw. Anlagehorizont von 7-10 Jahren deutlich über anderen
Anlageformen. Wichtig ist aber, dass insbesondere Geschäftsleitungen
nachhaltig denken und nicht nur in Amortisationserwartungen von 2
Jahren. Unternehmer, die immer noch so kurzfristig denken gefährden
eine Unternehmensentwicklung, da eine vernünftige Instandhaltung und
Ersatzvornahme mittel- bis langfristig orientiert sein muss, um entscheidende
Vorteile für die Produktivität eines Betriebes bieten zu können.

2. Der Staat erhält ein Beschäftigungsprogramm und Steuermehreinnahmen.
Schon jetzt arbeiten mehr als 10x so viele Menschen im Bereich der
erneuerbaren Energien als in der Kernkraft. Hier würden flächendeckend
noch mehr Arbeitsplätze entstehen. Das bestehende Förderprogramm für
Wohngebäude zeigt bereits, dass die staatlichen Zuschüsse insgesamt für
den Staat rentabel sind. Durch die Förderung werden Investitionen erreicht,
deren gesamte Steuererträge die Förderbeträge übersteigen.

3. Die Umwelt profitiert in Folge geringerer Emissionen.

4. Dezentrale Erzeugung erhöht die Anzahl der Stromerzeuger und eine
Verringerung der Abnahmemenge erhöht den Wettbewerb. Insgesamt
verbessert sich damit die Position der Kunden.

Es gibt dabei nur eine kleine Verlierergruppe: Unflexible Energiekonzerne. Diese
werden sich mit Händen und Füßen dagegen wehren und tun dies ja zum Teil auch
schon. Die wirksamste Waffe, die der Verbraucher dagegen hat, ist der Wechsel zu
entsprechenden Stromlieferanten. Der Wechsel zu einem „Ökostrom-Anbieter“ (das
kann auch ein Stadtwerk sein) sorgt dazu noch für einen deutlich beschleunigten
Ausbau der erneuerbaren Energien.

Erneuerbare Energien


Der Ausbau der erneuerbaren Energien bekommt damit die eher langfristige
Aufgabe, steigende Energiebedarfe zu decken und die fossilen Brennstoffe
abzulösen.

Energie aus Wind und Sonne müssen dabei zunehmend regelbar und speicherfähig
werden, um Auswirkungen auf die Netzstabilität und Versorgungslage zu vermeiden.

Für Energiespeicher gibt es diverse Ansätze. Die Speicherung in
Pumpspeicherkraftwerken ist seit Jahrzehnten die günstigste Variante. Die
Kapazitäten im Inland sind zwar begrenzt, aber wir brauchen zusätzliche Kapazitäten
auch hier. Wer sich gegen neue Standorte wehrt, sollte deshalb bitte auch über den
eigenen Tellerrand schauen und ganzheitlich denken. Wenn man ein Speicherprojekt
verhindert und dadurch der Ausbau der Erneuerbaren ins Stocken gerät, dann steigt
dadurch der CO2-Ausstoß durch z.B. Kohlekraftwerke. Was in einer ganzheitlichen
Betrachtung mehr Natur zerstören wird, als ein Pumpspeicher in einem einzelnen
Tal. Der Ausbau von Speichern in Bergwerken ist zwar eine sinnvolle Ergänzung,
aber deutlich teurer, zumal es schwerer ist, hier gleichwertige Kapazitäten zu
schaffen. Der Netzausbau, auch über die Ländergrenzen hinweg, stellt hier eine
wichtige zusätzliche Komponente dar. Jedoch können auch Leitungen ausfallen.
Für diese Fälle brauchen wir unbedingt zusätzlich möglichst viele Kapazitäten in
Deutschland.

Der Netzausbau schafft nicht nur Transportwege für Strom aus erneuerbarer
Erzeugung, sondern auch eine Effizienzsteigerung. Durch eine bessere Vernetzung
können Strommengen besser und schneller verteilt und dadurch besser genutzt
werden. Dieses Netz sollte möglichst als Erdverkabelung in HGÜ-Technik erfolgen,
um Leitungsverluste und Anfälligkeit des Netzes zu verringern. Ferner muss das
Netz auf europäischer Ebene großflächig ausgebaut werden. So kann zumindest ein
teilweiser Ausgleich von schwankender Erzeugung realisiert werden. Hier werden
immer wieder große Milliardenbeträge als Kosten genannt. Vergessen wird dabei
oft, dass das Netz in vielen Bereichen so oder so unbedingt saniert werden muss,
auch ohne die erneuerbaren Energien. Man darf in der Diskussion diese Kosten also
nicht einseitig den Erneuerbaren anlasten. Jedoch bedeutet Netzausbau aufgrund
langwieriger Planungsverfahren auch lange Zeitläufte. Dies wird Investitionen
insbesondere in die Offshore-Windenergie beeinflussen. Repowering und ein Ausbau
vorhandener Standorte sollte daher in den nächsten Jahren Vorfahrt haben, um beim
Leitungsnetz nicht in eine Zwangslage zu geraten.

Dezentrale Hybrid-Kraftwerke und virtuelle Kraftwerke, die verschiedene
Energiequellen verbinden, stellen eine weitere Entwicklungsstufe dar, um Strom
aus regenerativer Erzeugung auch grundlastfähig und flexibel zu machen. Der
Grundlastanteil kann dabei durch Biomasse oder Geothermie gedeckt werden. Dies
muss natürlich als KWK-Anlage erfolgen, um die Abwärme sinnvoll zu nutzen. Diese
Kraftwerke können auch begrenzt Energie speichern und kleinere Schwankungen
ausgleichen. Bei der Biomasse muss auf die „Teller-Tank-Konkurrenz“ geachtet
werden. Hier gilt es insbesondere Reststoffe und Müll zu „veredeln“. Reststoffe
können dabei auch brennbare Abgase sein, die bisher in der Industrie nur zur
Luftreinigung nachverbrannt werden, oder Abfälle z.B. der Lebensmittelindustrie oder
der chemischen Industrie. Landwirtschaftliche Flächen sollten vor allem dann für
den gezielte Anbau von Energiepflanzen genutzt werden, wenn diese sonst brach
liegen. Hierfür kommen auch Flächen im Ausland in Frage. Sinnvoll wäre es auch,
ein System zu entwickeln, um das bei Viehhaltung entstehende Methan aufzufangen
und in Biogasanlagen mit zu verwerten.

Konventionelle Kraftwerke

Vorübergehend ist es auch sinnvoll konventionelle Großkraftwerke mit fossilen
Brennstoffen hinzu zubauen. Hierbei muss aber in der Planung die Abwärmenutzung
berücksichtigt werden, um akzeptable Wirkungsgrade zu erreichen. Ferner sind
mittelgroße Kraftwerke zu bevorzugen, deren Leistung flexibel dem Bedarf und der

volatilen Stromproduktion aus Wind- und Sonnenenergie angepasst werden kann.
Kohlekraftwerke sollten aber nur als Ersatz für ineffizientere Altanlagen zugebaut
werden, um die Umweltbilanz und die CO2-Ziele nicht zu belasten.

Geopolitische Gedanken

Viele Brennstoffvorkommen liegen in Staaten, die nicht gerade stabile und
demokratische Partner sind. Auch das sorgt für Preisschwankungen an den
Rohstoffmärkten, die sich in unseren Energiepreisen wiederfinden. Je unabhängiger
wir hier sind, umso stabiler werden unsere Energiepreise sein. Auch die
Uranvorkommen sind begrenzt und die Wiederaufbereitung ist ebenfalls endlich. Das
gleiche gilt natürlich für alle fossilen Rohstoffe. Bei einem drastischen weltweiten
Zubau von Kernkraftwerken wird auch dieser Brennstoff teurer und damit auch
der Atomstrom. Anders ist dies bei den regenerativen Energiequellen. Die Preise
für fossile Brennstoffe werden in den kommenden Jahren stärker steigen als die
Preise der Energie aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft. Je länger wir mit
dem Umbau der Energieversorgung warten, umso härter wird uns der Preisanstieg
der fossilen Energieträger treffen. Länder, die hier die Nase vorn haben und eine
langfristig verlässliche, preisstabile und umweltfreundliche Energieversorgung
sicherstellen können, werden als Investitions- und Wirtschaftsraum große Vorteile
bieten. Je eher wir damit Ernst machen, umso schneller wird sich die Rendite
einstellen. Gerade an einigen Staaten auf der arabischen Halbinsel, die jetzt
verstärkt in Solarenergie investieren, sieht man, dass wir in Deutschland nicht
alleine an einer nachhaltigen Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe arbeiten.
Diese Staaten werden versuchen müssen, die Wertschöpfungskette aus den letzten
Rohstoffen, die sie haben, in ihre eigenen Staaten zu holen. Ansonsten würden sie
den Lebensstandard der eigenen Bevölkerung massiv gefährden. Wenn also die
Staaten dort in einigen Jahren auf den „letzten Fässern Öl“ sitzen und eine günstige
Stromversorgung anbieten können, die ohne fossile Brennstoffe auskommt, müssen
wir hier um unsere Standorte z.B. in der chemischen Industrie fürchten. Soweit
sollten wir es nicht kommen lassen.

Entsorgung / Endlager

Zu einem Ausstieg aus der Kernenergie gehört auch die eindeutige Klärung, was mit
dem Atommüll passieren soll. Fest steht, dass das Problem mit der Menge des Mülls
größer wird. Auch deshalb ist ein schneller Atomausstieg gut und richtig. Der
Zeithorizont zur Klärung der Frage und Schaffung der Lager beinhaltet die Zeit bis
zur Abschaltung der Meiler und der erforderlichen Zwischenlagerzeit bis zur
Transportfähigkeit. Da einige AKWs bereits endgültig abgeschaltet wurden, sollte
aber keine Zeit verschwendet werden. Die Frage ist, wo und wie die Brennstäbe
gelagert werden sollen. Die Lager müssen dauerhaft sicher sein, also vor
Umwelteinflüssen aber auch vor terroristischen Zugriffen geschützt. Sie sollten aber
auch evakuierbar sein. Denn wir wissen nicht, was in 100 Jahren ist. Daher eignen
sich unterirdische Lagerstätten, die jedoch immer noch relativ nahe der Oberfläche
liegen. Ferner sollten mehrere Lagerstätten geschaffen werden. Dadurch können
Transportwege reduziert werden und ein Angriff auf eine Lagerstätte ist
weniger „rentabel“. Vor allem kann man dann bei einem Problem in einer Lagerstätte
den Müll „umziehen“. Bei einem einzigen zentralen Lager in großer Tiefe entstünde
hingegen ein großes Problem. Die Lager sollten nicht in Bereichen mit
Erdbebengefahr und Vulkanismus entstehen und vor Wassereinbrüchen sicher sein.
Nach solchen Kriterien und eventuell auch unter Berücksichtigung der
Bevölkerungsdichte sollte eine unabhängige Fachkommission in ganz Deutschland
nach möglichen und möglichst sicheren Standorten suchen. Die Untersuchung und
die Ergebnisse müssen absolut transparent dargestellt werden. Eine Verteilung der
Endlagerstätten auf mehrere Bundesländer würde die Akzeptanz zusätzlich steigern.

Am Ende bleibt uns aber keine Alternative. Wir brauchen irgendwo in unserem Land
Platz für den Müll. Die Kosten dafür sollten jedoch nicht weiter sozialisiert werden,
sondern nach dem Verursacherprinzip berechnet werden.

Schlussbetrachtung


Ein Ausstieg aus der Kernenergie ist binnen 5 Jahren realisierbar wenn alle Bürger,
öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen ihre Energieeffizienz entsprechend
steigern und mindestens 10% Strom im Jahr einsparen. Ferner ist es notwendig,
dass ein Großteil des in Frage kommenden KWK-Potentials kurzfristig realisiert wird.
Dies ist technisch mit den vorhandenen Mitteln machbar und auch wirtschaftlich
schon jetzt für die Nutzer attraktiv. Ein Netzausbau ist zunächst vor allem für den
Transport bestehender Strommengen und den Lückenschluss erforderlich.

Der Ausbau der Netze, Speicher und der erneuerbaren Energien sollte parallel
dazu erfolgen. Auf diesem Weg müssen die BürgerInnen eingebunden und ihre
Befürchtungen ernst genommen werden. In vielen Fällen fehlt leider eine objektive
Information und die klare Darstelllung und Abwägung aller entscheidenden
Informationen.

Sicher benötigen wir zunächst Investitionen, aber wer etwas sparen will ohne den
Lebensstandard zu verringern, muss zunächst investieren, um danach eine Rendite
erzielen zu können. Der größtmögliche Nutzen unter ganzheitlicher Betrachtung liegt
in erneuerbaren Energien. Wenn eine Anlage abgeschrieben ist, keinen fossilen
Brennstoff benötigt und keinen gefährlichen Müll hinterlässt, ist die Rendite optimal.

Wenn wir als eine der größten Volkswirtschaften der Welt zeigen, dass ein
Atomausstieg „made in Germany“ technisch machbar ist und uns sogar wirtschaftlich
unabhängiger von Energielieferungen aus dem Ausland und langfristig erfolgreicher
macht, dann wird dies unseren Wirtschaftsstandort stärken. Außerdem wird es dann
auch in anderen Ländern zur Nachahmung kommen. Wir haben damit eine sehr
große Chance.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 19.04.2011 16:55.

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