Angst vor Scherbengericht

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polis
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Angst vor Scherbengericht

von polis am 06.11.2009 16:20




Neue SPD-Spitze
Mehr Wahrheit wagen
Von Steffen Hebestreit


Eine Woche vor dem Parteitag in Dresden hat die SPD-Führung ihren Leitantrag deutlich verschärft. Die Arbeitsmarktreformen, die Hartz-Gesetze und die Rente mit 67 werden dabei nun mitverantwortlich gemacht für die "schwere" Wahlniederlage der SPD am 27. September.

Der Abbau der Arbeitslosigkeit ab 2005 wird nunmehr nicht allein den Hartz-Reformen zugeschrieben, sondern auch der "anziehenden Konjunktur". Die Reformen indes hätten "Furcht vor sozialem Abstieg durch Arbeitslosigkeit" ausgelöst. Durch die Rente mit 67 sei "die Sorge vor Altersarmut" gewachsen.

Die SPD habe in ihren Kernkompetenzen Arbeit und Soziales deutlich an Vertrauen und an Glaubwürdigkeit verloren, lautet das niederschmetternde Fazit der Parteiführung. Es sei nicht gelungen, die Mehrheit der Bürger am einsetzenden Aufschwung ab 2005 teilhaben zu lassen. Das Gerechtigkeitsempfinden der Leute sei verletzt worden.

An anderer Stelle gibt es die Aufforderung, "offen und ehrlich" zu bilanzieren" und "bestimmte Denkrichtungen nicht von vornherein" auszuschließen. Es ist in dem Leitantrag aber auch von gegenseitigem Respekt die Rede und der Notwendigkeit, sich gegenseitig zuzuhören. "Unsere gemeinsam demokratisch beschlossenen Positionen sind gemeinsam zu vertreten. Wir dürfen nicht den Eindruck vermitteln, dass die SPD aus mehreren Parteien besteht", heißt es mahnend.

Angst vor Scherbengericht

In einer ersten Version hatte die designierte Parteiführung um Sigmar Gabriel noch einen viel zahmeren Leitantrag für Dresden formuliert, der die Kritik an der SPD-Regierungspolitik der vergangenen Jahre deutlich zurückhaltender formulierte.


Marke Gabriel. Eine Woche vor dem Parteitag in Dresden hat die SPD-Führung ihren Leitantrag deutlich verschärft. (Bild: fr-online/dpa)


Doch die Debatten der jüngeren Zeit, mehr als 100 neue Änderungsanträge für den Parteitag aus den Niederungen der SPD sowie die Debatten in der von Olaf Scholz geleiteten Antragskommission veranlassten die Führung dazu, die Lage der Partei schärfer zu analysieren und die Ursachen kritischer, SPD-Linke sagen auch: wahrheitsgemäßer, zu formulieren.

Sonst könnte, so die Sorge führender Sozialdemokraten, die Stimmung auf dem Parteitag kippen und das Treffen zu einem Scherbengericht über die Regierungsjahre der SPD werden. Eine weitere Selbstzerfleischung wollen aber alle Parteiflügel verhindern. "Selbstkritik gut und schön, aber wir dürfen uns nicht nur mit uns beschäftigen", sagt ein Spitzen-Sozialdemokrat der FR.

Drei Tage lang trifft sich die SPD nächste Woche in der sächsischen Landeshauptstadt, um die Lehren aus dem Debakel bei der Bundestagswahl zu ziehen. Für den Parteivorsitz kandidiert Sigmar Gabriel, designierte Generalsekretärin ist Andrea Nahles, als SPD-Vize sind Hannelore Kraft, Manuela Schwesig, Olaf Scholz und Klaus Wowereit vorgesehen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.11.2009 16:57.

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