"Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab. ..."

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polis
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"Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab. ..."

von polis am 26.01.2012 18:04

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"Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab. ..."


Persönliche Erklärung des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele
zur Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung (17/8166) zur Verlängerung des
ISAF-Mandats für die Bundeswehr, Top 7 am 26.1. 2012:


Ströbele

Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab. Ich bin dagegen, dass die Bundeswehr sich ein weiteres Jahr an diesem grausamen Krieg in Afghanistan beteiligt.

Das neue Mandat gilt formal nur für ein Jahr, enthält aber faktisch eine Verlängerung des
Bundeswehreinsatzes um mindestens drei Jahre. Bis Ende 2014 soll der Krieg so weiter
geführt werden wie bisher, nur mit weniger Soldaten. Es werden Tausende weitere Menschen
getötet und noch viele mehr verwundet durch Anschläge und Angriffe der Aufständischen
und durch offensive Operationen der Interventions-Streitkräfte. Das "Partnering" der
Bundeswehr wird fortgesetzt wie bisher, das heißt auch Spezialkommandos aus afghanischen
und deutschen Streitkräften führen weiter unter deutscher Führung gezielte Operationen
gegen tatsächliche oder vermeintliche Aufständische durch. Gezielte Tötungen von Taliban,
die aufgrund oft dubioser und unüberprüfbarer Informationen auf Todeslisten gelistet wurden,
werden unvermindert von Spezialeinheiten und mittels bewaffneter Drohnen fortgesetzt.
Allein in drei Monaten zu Beginn des letzten Jahres fanden über 1400 solcher extralegaler
Hinrichtungen statt. Dabei wurden viele Hundert Menschen getötet, darunter auch viele an
dem Krieg Unbeteiligte und zu Unrecht Denunzierte. Wenn die Bundesregierung auch
behauptet, die Bundeswehr beteilige sich nicht an solchen Tötungen, dann konnte sie doch
nicht ausschließen, dass Personen, die sie für "capture or kill"-Listen benennt, dann doch von
Drohnen oder Spezialkommandos alliierter Streitkräfte gejagt und getötet werden. Durch
diese Kriegführung wird immer neuer Hass und neue Gewalt geschürt. Es wird weiter
vermehrt Sprengstoffanschläge und Angriffe auf die Bundeswehr und die Verbündeten geben.

Vor allem aber werden sämtliche Bemühungen um Verhandlungen und Waffenstillstand
erheblich erschwert und gar unmöglich gemacht. Wenn man die, mit denen verhandelt werden
soll, auf Todeslisten setzt, jagt und tötet, werden ernsthafte Gespräche hintertrieben. Vier mit
Raketen bewaffnete Killerdrohnen werden in diesem Monat neu in Masar-i-Sharif im
Verantwortungsbereich der Bundeswehr stationiert.

Es heißt, die Verlängerung des Krieges sei notwendig und richtig, weil bis Ende 2014 so viel
Sicherheit in Afghanistan geschaffen werden könne, dass die afghanischen Sicherheitskräfte
ohne Hilfe die Bürgerinnen und Bürger schützen und eine friedliche Entwicklung garantieren
können. Solche Hoffnungen und Erwartungen sind unbegründet. Die Entwicklung der
Sicherheit im Land in den letzten fünf Jahren spricht eher dagegen. Jahr für Jahr wurde die
Sicherheitslage dramatisch schlechter trotz des Einsatzes von immer mehr Soldaten und
immer schwererer Waffen. Afghanistan war für die Bevölkerung seit Beginn des Einsatzes
internationaler Streitkräfte noch nie so unsicher wie heute. Alles spricht dafür, dass die Lage
sich in den nächsten Jahren eher weiter verschlechtert, als dass sie besser oder gar gut wird.

Weiter Krieg zu führen ist der falsche Weg. Es gibt Alternativen. Auf meiner
Afghanistanreise vor vier Monaten, habe ich erfahren, Verhandlungen und Waffenstillstand
mit den Aufständischen - auch den Taliban - sind möglich. Es gab schon Angebote für
Waffenstillstand in einzelnen Regionen, auch für den Verantwortungsbereich der Bundeswehr
im Norden. Anstatt weiter auf Krieg zu setzen, muss jede Chance für Verhandlungen genutzt
werden. Solche Chancen werden aber durch das Weiter-So und die Verlängerung des Kriegsmandats für die Bundeswehr nicht genutzt, sondern zunichte gemacht.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 26.01.2012 18:04.

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Re: "Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab. ..."

von polis am 27.01.2012 11:21

hans-christian ströbele hat zum tema am 26.01.2012 folgende rede im bundestag gehalten (nicht identisch mit der obigen persönlichen erklärung):

http://www.youtube.com/watch?v=5vwMzUl4YJg&list=UUDoTDmMRT6lA6kw43XjB_3A&index=1&feature=plcp

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